Kreis Mettmann Spezialfirma hat 500 Baustellen im Blick

Kreis Mettmann · Der Dienstleister Bauwatch hat hier seine Deutschlandzentrale installiert und sieht noch "eine Menge Potenzial".

 Blick in die Bauwatch-Leitstelle in Ratingen: Geschäftsführer Maarten de Roos mit Mitarbeitern an Überwachungsmonitoren.

Blick in die Bauwatch-Leitstelle in Ratingen: Geschäftsführer Maarten de Roos mit Mitarbeitern an Überwachungsmonitoren.

Foto: Achim Blazy

Grünes Licht ist auf Baustellen eine Warnfarbe - für Diebe. Denn in Verbindung mit einem sechs Meter hohen Mast und einer 360-Grad-Videokamera gehört der auffällige Schimmer zur Grundausrüstung von Bauwatch, einem ursprünglich niederländischen Anbieter für Videoüberwachung von Baustellen in Echtzeit. In den zurückliegenden fünf Jahren hat das deutsche Tochterunternehmen von Bauwatch zahlreiche Kunden zwischen Hamburg und München, Aachen und der Grenze zu Polen akquiriert. Derzeit werden in der Deutschlandzentrale in Ratingen mehr als 500 Baustellen gleichzeitig überwacht - Nacht für Nacht.

Hinter einer Sicherheitsschleuse mit dicken Stahltüren arbeiten in Ratingen drei Personen, die zusammen die Schicht bis Mitternacht bilden. Dann werden sie von Kollegen abgelöst, die bis zum Morgen auf alle angeschlossenen Baustellen aufpassen. Stefan P., 51, kommt aus der Sicherheitsbranche. Statt mit einer Taschenlampe und einem dicken Schlüsselbund seine Runden über nächtliche Firmengelände zu ziehen, sitzt er an einem Schreibtisch, auf dem zwei große Computermonitore stehen, plus Maus und Tastatur.

Noch während er seinen Arbeitsplatz vorstellt, meldet sich ein Videomast aus Leipzig. Ein Klick und Stefan sieht auf dem Bildschirm rechts das Kamerabild und links alle zur Baustelle gehörenden Informationen, inklusive der Anweisungen für den Ernstfall. Ein rotes Viereck markiert ein Auto, das den Alarm ausgelöst hat. Wären dort Unbefugte unterwegs, könnte der Operator in Ratingen mit nur einem weiteren Mausklick die Leipziger Polizei alarmieren. Und die hätte gute Chancen, mutmaßliche Material-, Werkzeug- oder Baumaschinendiebe in flagranti zu erwischen.

"Wir haben in jeder Nacht mindestens eine Festnahme", sagt Geschäftsführer Maarten de Roos. Dabei geht es nur darum, die Polizei rechtzeitig an den Einsatzort zu bringen. Die Bilder, die de Roos und sein Operator vorführen, sind nicht geeignet, um Personen zu identifizieren. Das sei auch nicht Aufgabe von Bauwatch. Binnen Sekunden muss in Ratingen entschieden werden, ob es sich um einen Fall oder einen Fehlalarm handelt. "Mit der Baustellenleitung wird festgelegt, von wann bis wann dort nicht gearbeitet wird. Während dieser Zeit passen wir auf." Zum Beispiel auf der 25.000 Quadratmeter großen Baustelle für ein neues Berufskolleg im Düsseldorfer Süden. Der Projektleiter des Bauunternehmens sagt nüchtern: "Seit wir den Videomast aufgestellt haben, ist die Zahl der Straftaten deutlich zurückgegangen." Zuvor wurde in nahezu jeder Nacht Diesel abgezapft aus dem Vorratstank für Bagger, Planierraupen und Walzen. Teures Werkzeug verschwand; und immer wieder Baumaterial - von der Kabeltrommel bis hin zu Steinplatten für die Pflasterung. Der Bauleiter sagt: "Bei einer solch großen Baustelle würde ich jederzeit wieder die Videoüberwachung einsetzen."

Seit ein, zwei Jahren zeigten sich die Deutschen offener für die Videoüberwachung, berichtet Bauwatch-Geschäftsführer de Roos: "Gegenüber den Niederlanden oder gar Großbritannien ist Deutschland bei Kameras aber immer noch um Jahre hinterher." Der Ruf nach Datenschutz und dem Schutz der Privatsphäre sei hierzulande viel stärker als in den genannten Ländern. "Fast überall, wo wir tätig werden, bekommen wir die Frage von Nachbarn, ob wir denn in ihr Schlafzimmer hineingucken." Maarten de Roos versichert, dies sei nicht der Fall. Alle Bereiche außerhalb der Baustellen würden konsequent von einer digitalen Maske verdeckt.

Für die nahe Zukunft plane Bauwatch einen weiteren Ausbau der Ratinger Deutschlandzentrale und der Zahl der Beschäftigten. Derzeit sind 25 Personen für das Unternehmen tätig. Das sei angesichts des Potenzials hierzulande zu wenig. Während die deutsche Polizei in ihrer Statistik Baustellendiebstähle nicht gesondert ausweist, hören die Bauwatch-Akquisiteure jeden Tag neue Räuberpistolen. Wenn dann im Gegenzug die Baustellenleiter erfahren, dass eine Bauwatch-Kamera bereits für eine Woche aufgestellt wird - was laut de Roos 200 Euro kostet - dann entscheiden sich viele für die Überwachung per Video.

Und schon leuchtet in Deutschland eine weitere Baustelle in grünem Licht.

(RP)
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