Hilden So leben Flüchtlinge in der alten Schule

Hilden · Bislang war die Lage in der provisorische Erstaufnahme entspannt: Morgen kommen weitere 120 Asylbewerber.

Auf dem Schulhof sitzen einige Männer in der Sonne, trinken Tee und schauen auf ihre Mobiltelefone. Kinder spielen Ball. Überall saftiges Grün. Vielleicht sorgt auch der strahlend schöne Spätsommertag dafür, dass die Szene so idyllisch wirkt. Dann fällt der Blick auf zwei Polizei-Transporter in einer Ecke. "Früher wurden die Asylsuchenden zur Registrierung nach Dortmund oder Unna gefahren, jetzt kommen mobile Teams in die Erstaufnahmen", erläutert Michaela Neisser, zuständige Sachgebietsleiterin bei der Stadt Hilden. Die Personalien und Fingerabdrücke der Asylsuchenden werden in der Aula der Albert-Schweitzer-Schule erfasst.

Die jungen Polizisten wirken angespannt und etwas gestresst. Moulay Kamal Belhassan ist der Beauftragte der Bezirksregierung vor Ort - ein sehr netter, junger Mann mit marokkanischen Wurzeln. Er dolmetscht, spricht Arabisch, Englisch und perfekt Deutsch - und ist ständig gefordert. "Mit Moulay haben wir unglaubliches Glück gehabt", sagt Neisser leise im Rausgehen: "Er hat sich freiwillig für diesen Job gemeldet. Das merkt man ihm an." Vor der Tür warten rund 50 Flüchtlinge auf ihre Registrierung. Wenn man sie ansieht, schauen sie zurück, nicken, grüßen: manche ernst, andere mit einem kleinen Lächeln. Dafür, dass 150 Menschen in dieser Notunterkunft leben, ist es erstaunlich ruhig. In den ausgeräumten Klassenzimmern stehen 13 bis 16 Feldbetten, dicht an dicht. Intimsphäre: null. Die Schule ist alt, aber in einer Turnhalle wäre alles wohl noch viel schwieriger. "Come and look": Mustafa zeigt bereitwillig sein Bett. Er sei vor dem Bürgerkrieg im Irak geflohen, erzählt der 28-jährige IT-Ingenieur in gebrochenem Englisch. "Ich kann hier gut schlafen", versichert Mustafa. "Ich liebe Frieden." Er sei im Irak immer wieder bedrängt, bedroht, überfallen und verletzt worden, erzählt Mohammed (36). Vielleicht, weil er für ausländische Firmen und die US-Army gearbeitet habe. Irgendwann habe er es nicht mehr ausgehalten und sei mit seiner Frau und seinem Sohn Ali nach Deutschland aufgebrochen. "Ich schlafe hier", sagt Mohammed eindringlich auf Englisch und zeigt auf den Schulhof: "Egal - Hauptsache endlich in Sicherheit." Yanni hat sich vor dem Gespräch extra noch rasiert. Der 25-jährige Syrer hat Medizin studiert und spricht fließend Deutsch. Vier Monate ist er in Deutschland und hat schon zwei Intensivsprachkurse besucht. Er war mit einem Visum in Deutschland. Als das ablief, beantragte er Asyl: "Ich will meinen Facharzt machen, aber dafür müsste meine syrische Approbation anerkannt werden." "Yanni ist für uns eine Riesenhilfe", lobt Anne de Wendt. Die Presbyterin koordiniert die Freiwilligen: "Leute wie Yanni gehören nicht in ein Flüchtlingslager." Das Mobiltelefon von Michaela Neisser klingelt mal wieder. Der Kreis Mettmann bittet um Feldbetten. "Woher wissen die, dass wir welche haben?", murmelt Neisser. Der Markt für Container, Feldbetten, selbst Bauzäune sei leer gefegt. "Auf die beiden Dusch-Container haben wir zwei Wochen gewartet", sagt Neisser. Dann sagt sie dem Kreis 100 Feldbetten zu. Anstrengend sei die Arbeit, mache aber auch Spaß. Spaß? "Abends habe ich das Gefühl, wir haben wirklich helfen können."

(RP)
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