Hilden Projektwoche gegen Rassismus

Hilden · Eine Holocaust-Überlebende und ein ehemaliger Salafist bereiten Fabry-Realschüler auf Bergen-Belsen vor.

Hilden: Projektwoche gegen Rassismus
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Noch lebt sie, die auslaufende Hildener Wilhelm-Fabry-Realschule und will sich, so Schulleiter Wolfgang Schoch, mit anspruchsvollen Klassenfahrten in Erinnerung bringen. Aktuelles Beispiel: Im April werden die etwa 50 Neuntklässler der Schule auf eine zweieinhalbtägige Klassenfahrt ins Arbeits- und Konzentrationslager Bergen-Belsen geschickt. Es soll keine Vergnügungsfahrt werden für die 15- bis 17-Jährigen. Deshalb werden sie diese Woche, genauer gesagt von Montag bis Donnerstag (inklusive) gründlich auf die Reise vorbereitet - mit einer "Projektwoche gegen Rassismus".

"Die Idee dazu entstand bei einem Gespräch unter Kollegen", erinnert sich Sascha Göbeler von der Hildener Jugendförderung. "Wir wollten Bezüge zur Gegenwart herstellen." Das geht besonders gut mit Zeitzeugen. Kollege (und Ganztagskoordinator) Kutlu Yurtseven habe die nötigen Kontakte, kenne unter anderem einen Ex-Salafisten, die Holocaust-Überlebende Esther Bejarano und Überlebende des Kölner Keupstraßen-Anschlags. Die beiden erstellten ein umfangreiches Programm, das diese Woche in die Tat umgesetzt wird.

Am Montag gab es einen Einstieg ins Thema mit Infos über Bergen-Belsen und dem Film "Die Edelweißpiraten" (Kölner Nazi-Gegner, die von diesen ermordet worden sind). "Die Jugendlichen wurden gefragt: "Hättet ihr im 2. Weltkrieg mitgemacht?" und dann ging es gleich in der Gegenwart weiter: Was würdet ihr auf die Flucht mitnehmen?", erzählt Kutlu Yurtseven. - Als erstes ein Handy, ergänzt er.

Gestern gegen 9.30 Uhr hat Dominik Schmitz, ein 28-jähriger Salafisten-Aussteiger, seinen großen Auftritt vor den Fabry-Schülern. Schulleiter Wolfgang Schoch staunt: "Ich habe meine Schüler noch nie so lange ruhig sitzen und zuhören sehen. Es war mucksmäuschenstill." Schmitz erzählt seine eigene Geschichte, wie er mit 17 Jahren konvertiert ist, verheiratet wurde, Kampfsport machte und zu zweifeln begann, während andere schon in den Krieg zogen. Und er berichtet von Leuten, die er gut kennt, und die jetzt entweder "beim IS in Syrien kämpfen oder gerade hier in Deutschland als Rückkehrer vor Gericht stehen". Seine Beobachtung: "Aus NRW gab es vielleicht zwei bis drei Studenten, der Rest hat von Hartz IV gelebt. Das sind oft Leute, die haben Probleme mit den Eltern, mit Drogen, sie haben keinen ordentlichen Schulabschluss und hängen nur herum." Den Jugendlichen rät er "nicht zu schweigen, sondern zu hinterfragen und zu widersprechen, etwa bei Pegida" und fügt hinzu: "Jede absolute Wahrheit ist problematisch, wenn sich eine Gruppe anmaßt, die Spielregeln für andere vorzugeben." Dominik Schmitz hat die ungeteilte Aufmerksamkeit der Schüler. Mitte Februar erscheint sein erstes Buch: "Ich war ein Salafist".

Heute sehen die Schüler einen weiteren Film und dann wird ihnen das Projekt "Esther Bejarano mit Microphone Mafia" vorgestellt. Esther Bejarano ist 91 Jahre alt und gehört zu den letzten Überlebenden des Mädchenorchesters von Auschwitz. Mit der Kölner Band Microphone Mafia, bestehend aus Vertretern dreier Generationen und dreier Religionen (Judentum, Christentum, Islam), macht sie zusammen Hip Hop und predigt Zivilcourage. Als Zeitzeugin besucht sie Schüler und erzählt von Auschwitz.

Mit der Band gastiert die alte Dame am Donnerstagabend im Area 51. Es gibt noch Karten.

(ilpl)
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