Haan Nicht nur Modeberufe sehen

Düsseldorf · Berufsberaterin Vera Hentschel mahnt Jugendliche, sich nicht zu sehr auf einen Beruf zu fixieren. Eltern gibt sie zu bedenken, dass der Einstieg in die Ausbildung oft günstiger ist als ein weiterer Schulbesuch.

20 Ausbildungsplätze konnten 2009 allein in Haan nicht besetzt werden. Angesichts von Wirtschaftskrise und Stellenmangel auch für Experten schwer nachvollziehbar. "Einige Berufe sind heute nicht mehr in. Außerdem sind Jugendliche oft nicht über die Fülle neuer Berufsbilder informiert", begründet Vera Hentschel dieses Phänomen.

Genau da setzt die Berufsberaterin der Arbeitsagentur für Arbeit an: Regelmäßig besucht sie die Haaner Haupt- und Realschule und klärt darüber auf, dass Kfz-Mechatroniker oder Bankkauffrau "eben nicht die einzigen Top-Berufe sein müssen", sondern es unzählige Alternativen gibt.

500 Ausbildungsberufe im Umkreis

Jede Generation von Schulabgängern hat Traumberufe, weiß Vera Hentschel aus ihrer 30-jährigen Erfahrung als Berufsberaterin. "Heute haben wir aber allein in unserem Umkreis rund 500 Ausbildungsberufe", betont die Fachfrau in ihrem Büro in Mettmann. "Für die meisten reicht der Hauptschul-Abschluss."

Am Beispiel des Modeberufes Kfz-Mechatroniker macht sie die Diskrepanz zwischen offenen Ausbildungsstellen und dem Berufswunsch Jugendlicher deutlich: "Sie sind auf das eine Ziel fixiert und sehen nicht, dass es daneben noch zum Beispiel den Karosseriebauer, Fahrzeuglackierer oder den Tankwart gibt." Oft seien auch einfach schickere Berufsbezeichnungen verlockend. "So hatte früher die Arzthelferin nicht die Lobby wie jetzt die medizinische Fachangestellte", vermutet Vera Hentschel. "Beide machen aber nach wie vor die gleiche Arbeit."

Für Bewerbung viel Zeit nehmen

Eine wichtige Rolle spielen nach Ansicht der Berufsberaterin die Eltern. "Man kann ja den Wunsch nach einer hohen Qualifikation verstehen. Der alleine reicht aber nicht", gibt Vera Hentschel zu bedenken. Dabei weist sie auf die hohe Abbrecherquote an weiterführenden Berufskollegs hin. Mancher wäre vielleicht mit einer praktischen Ausbildung nach der zehnten Klasse besser beraten gewesen.

Bei der Suche nach einer Ausbildungsstelle sind "Engagement, Motivation und gute Bewerbungen, für die man sich viel Zeit nehmen muss", laut Vera Hentschel entscheidend. Etwa 15 Monate vor Schulabschluss sollten Bewerber starten. Ab diesem Zeitpunkt stehen an allen Schulen auch die Berufsberater zur Verfügung. "Man kann auch selbst aktiv werden, in einer Firma vorsprechen und dadurch vielleicht sogar den Bedarf wecken", schlägt Vera Hentschel vor.

Wann werden schlechtere Zeugnisnoten zum Stolperstein? "Natürlich überzeugen gute Noten einen Arbeitgeber. Wichtig sind aber auch die Kopfnoten." Viele Fehlstunden — erst recht unentschuldigte — kämen nicht gut an. "Und wenn etwas im Argen ist, sollte man das in der Bewerbung direkt begründen — das zeigt dem Betrieb, dass der Bewerber sich Gedanken gemacht hat."

(RP)
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