Hilden Millimeterarbeit auf 20 Achsen

Hilden · Ausnahmezustand bei der Firma Brüninghaus & Drissner: Eine 140-Tonnen-Maschine wird angeliefert.

Hilden: Millimeterarbeit auf 20 Achsen
Foto: Staschik, Olaf (ola)

Drei Tage - beziehungsweise Nächte - war der 20-Achser von Göppingen aus unterwegs nach Hilden, um einen 140 Tonnen schweren Umformautomaten an seinen endgültigen Standort an der Heinrich-Hertz-Straße zu bringen. Mehr als 500 Kilometer ging es mit Polizei-Eskorte bis zur Abfahrt Benrath auf der A59. Dann wurde es knifflig. "Auf der Verkehrsinsel an der Hülsenstraße mussten alle Schilder abmontiert werden", erzählt Firmenchef Marc-Oliver Köhler. Angeliefert wurde die Maschine kurz vor vier Uhr morgens: "Wir sind natürlich aufgestanden, um dabei zu sein. Das war ein Erlebnis", fügt Geschäftsführer Jürgen Drissner an.

An Aufatmen ist vor dem Firmentor noch lange nicht zu denken. Der Koloss muss noch in die gerade gebaute Fabrikhalle bugsiert werden. "Millimeterarbeit", erkennt Marc-Oliver Köhler an. "Wenn man sieht, wie wenig Platz bis zur Decke bleibt, wird einem schon mulmig."

Allein vier Männer sind damit beschäftig, Schienen in der Halle zu verlegen und einen Hydraulikkran aufzubauen. "Die Kraft liegt im langsamen und präzisen Arbeiten." Nur zentimeterweise wird die Presse aufgerichtet, bis die gesamten 140 Tonnen nur noch an einem einzigen Karabiner hängen.

In einer Grube sind bereits vier Stützen montiert. Auf diesen soll der Koloss am Ende ruhen. "Die Stützen sind auf einen Zehntelmillimeter genau laseroptisch vermessen", erklärt Dieter J. Endres. Er hat den Hildener Betrieb im Vorfeld beraten und lässt es sich nicht nehmen, bei der Anlieferung persönlich dabei zu sein. "Das ist ein Ereignis, das im Kreis Mettmann seinesgleichen sucht." "Ein Novum im Rheinland", fügt Marc-Oliver Köhler hinzu. "Dass sich ein mittelständisches Unternehmen mit so viel Zuversicht an die neueste Technologie herantraut, ist neu", lobt Endres.

Die Stützen sollen künftig Vibrationen und Schwingungen abfedern. Immerhin rauscht der Stempel mit einer Presskraft von 630 Tonnen auf die Werkbank nieder. Ungefedert würden bei den Nachbarn die Wände wackeln.

Die Firma Brüninghaus & Drissner produziert Bremspedale für namhafte Autohersteller, der neue Automat muss die Bleche dafür umformen. "Die Pedale müssen einen Druck von 3000 Newtonmeter aushalten", so Marc-Oliver Köhler. Zwischen 200.000 und 300.000 Pedale verlassen das Hildener Werk in jedem Monat. Bei der Herstellung gilt "eine Null-Fehler-Toleranz", so Köhler. Noch sechs Wochen wird es dauern, bis das drei Millionen Euro teure Monstrum einsatzbereit ist. "Es müssen noch mehrere hundert Kilometer Steuer-, Strom- und Signalleitungen verlegt werden." Der Firmenchef ist angespannt: "Ich habe schon Bauchschmerzen, dass alles gut geht."

Dennoch ist er von seiner Anschaffung überzeugt: "Dieser Umformautomat mit modernster Servotechnik passt einfach in die Unternehmensstrategie. Wir stellen hohe Kapazitäten zur Verfügung, um uns am Markt zu behaupten, Arbeitsplätze langfristig zu sichern und für die Zukunft gerüstet zu sein." Köhler sieht seine Investition als "Grundstein für die Industrie 4.0." Den Startknopf drücken, wenn die Maschine im Januar ihren Betrieb aufnimmt, will der Firmenchef aber nicht: "Da setze ich lieber auf geschultes Fachpersonal."

Der Betrieb sucht derzeit Maschinen- und Anlagenführer aus der Servotechnik.

(RP)
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