Hilden Luther-Oratorium eröffnet das Jubiläumsjahr

Hilden · Brasilianische und arabische Rhythmen, Spirituals und Jazz erklingen in dem für Hilden komponierten Musikwerk. Viele wollten die Uraufführung in der Friedenskirche miterleben.

Sie sorgten für ein gelungenes, in Teilen grandioses Konzert - Orchestermusiker und Sänger unter der musikalischen Leitung von Dorothea Haverkamp.

Sie sorgten für ein gelungenes, in Teilen grandioses Konzert - Orchestermusiker und Sänger unter der musikalischen Leitung von Dorothea Haverkamp.

Foto: ola

Vor dem ersten Ton gab es Durchsagen: Chorleiterin Dorothea Haverkamp verlas die Kennzeichen von Autos, die die Feuerwehrzufahrt blockierten. Der Besucherandrang bei der Uraufführung des Luther-Oratoriums war gewaltig. In der großen Kirche war kaum mehr ein Sitzplatz frei.

Zum Auftakt des Konzertes spielten die Musiker dann "Alleluja! Lobet den Herrn in seinem Heiligtum", den 150. Psalm in der Übersetzung Luthers, vertont von Heinrich Schütz (1585-1672). Die Sopran-Sängerin Nadine Balbeisi, aufgewachsen in den Vereinigten Staaten, machte den Anfang und sang mit glasklarer Stimme. Beeindruckender als die Solosängerin waren aber tatsächlich die 16 Stimmen der vier Chöre, die den Raum der Friedenskirche optimal ausnutzten. Als dann der Tenor Mark Heines auf die Zuhörer runter predigte: "Lobet ihn mit Saiten und Pfeifen!", wollte man gar nicht mehr nur zuhören, sondern die Aufforderung auch sofort in die Tat umsetzen.

Es folgte "Ein feste Burg ist unser Gott" von Johann Sebastian Bach (1685-1750). Die Kantate, wiederum basierend auf einem Choral von Martin Luther, beginnt gleichsam mit ihrem Höhepunkt: Die Choralmotette in colla parte. Während man zu Anfang dem Text noch folgen kann, versteht der Zuhörer bald darauf kein Wort mehr, muss er auch nicht; das Zusammenspiel des gesamten Ensembles ist fast fanatisch und furios. Da kommt auch das Zusammenspiel von Sopranistin Nadine Balbeisi und Bass Thilo Dahlmann nicht ran. Beachtenswert bleibt lediglich das Schauspiel von Dahlmann, wenn er jedesmal mit den Füßen auf und nieder wippt, während er die Worte langsam zieht und wirkt, als würde er der Gemeinde ein Gebet vorsprechen. Die spätere Arie "Komm in mein Herzenshaus" gesungen von Balbeisi wird dann doch ein Höhepunkt des gesamten Konzertabends. So verführerisch schön und so glaubhaft wird keine Partie mehr.

Bachs Verführung zu Luther ist perfekt gelungen. Um so bedauerlicher, dass der Tenor das Ende des Rezitativs mit "dein Heiland bleibt dein Hort!" nicht mehr ganz sauber gesungen bekommt. Es wirkt etwas gedrungen und wenig überzeugend. Den Höhepunkt des Konzertes bildet die Auftragsarbeit "Luther! - Ein Weltmusik-Oratorium" des brasilianischen Komponisten Jean Kleeb. Kleeb, selbst Chorleiter in Gießen, Marburg und Köln, verarbeitet in seiner von der Evangelischen Kirchengemeinde Hilden in Auftrag gegebenen Komposition brasilianische und arabische Rythmen, Spirituals und Jazz. Das Stück beginnt aber mit einer Melodie, die an die Filmmusik von Disney erinnert, gefolgt von einer mittelalterlichen Volksweise. Beides für sich klingt sehr gut und funktioniert, harmoniert aber nicht miteinander. Das wird dann auch bei der Sopran-Arie "I'm not from the East or the West" im arabischem Samai Rhythmus deutlich. Der Klang ist bezaubernd. Assoziationen zu 1001 Nacht werden wach, dennoch entwickelt die Arie nicht die überzeugende Kraft, wie sie vom Text gefordert wird. Trotzdem, am Ende bleibt ein überzeugender Einstieg in das Luther-Jahr und ein insgesamt gelungenes und in Teilen grandioses Konzert. Die Kantorei in Hilden muss Vergleiche nicht fürchten.

(RP)
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