Haan Linie V hielt für Leichenzüge

Düsseldorf · Vor 50 Jahren fuhr die letzte Straßenbahn durch Haan. Daran erinnert der Bergische Geschichtsverein Haan mit einer Ausstellung beim Bürgerfest am 8. Mai auf dem Neuen Markt.

62 Jahre lang rumpelte die "Bergische Kleinbahn" durch Haan und verband die Gartenstadt mit Vohwinkel, Hilden und Benrath. Vor 50 Jahren, am Sonntag, 7. Mai, wurde die Linie V eingestellt und die Straßenbahn durch Busse ersetzt. Der Bergische Geschichtsverein ist der Haaner Straßenbahngeschichte nachgegangen und präsentiert eine Ausstellung mit historischen Fotos und Dokumenten auf dem Bürgerfest am 8. Mai.

Straßenbrücke angehoben

Warum wurde die Straßenbahn eingestellt? Lothar Weller, Vorsitzender des Bergischen Geschichtsvereins Haan, kennt die Antwort: "Anlass war die Anhebung der Straßenbrücke der B 228 am Haaner Bahnhof, um die bevorstehende Elektrifizierung der darunter hindurchführenden Eisenbahnstrecke zu ermöglichen."

1896 schlossen die Gemeinden Haan, Hilden, Vohwinkel und Benrath mit der Continentalen Gesellschaft für elektrische Unternehmungen (Nürnberg) einen Vertrag über die Errichtung einer elektrischen Straßenbahn, hat Weller recherchiert.

Im März 1899 war die Strecke von Haan nach Benrath fertig. Und knapp vier Monate später fuhr die Linie V bis Vohwinkel durch — ab "Thienhaus" auf einem eigenen Bahnkörper mit weiten Schleifen, weil die "Elektrische" der Straße über die "Polnische Mütze" nicht folgen konnte.

Das neue Verkehrsmittel löste Begeisterung aus. "Statt in der Postkutsche langsam auf der holprigen Chaussee dahinzufahren, gleiten wir in eleganten Wagen auf Eisenbahnschienen mit elektrischer Kraft getrieben dahin", schrieb ein Reporter des Lokalblatts. Innerhalb der Ortschaften sollte die "Bergische Kleinbahn" höchstens 12 km/h, außerhalb höchstens 18 km/h "schnell" sein.

Polizeiverordnung

Viel über die damalige Zeit verrät auch eine Polizeiordnung von 1898, auf die Weller gestoßen ist. Die Straßenbahn musste anhalten, "wenn Leichenzüge die Strecke kreuzen", oder "wenn Zugthiere oder getriebenes Vieh vor dem Wagen scheuen".

"Lärmen, Singen, Musizieren" während der Fahrt war auch damals schon verboten. Das gilt auch für das "Beschmutzen, Beschreiben und Bemalen der Wagen". Er habe gedacht, Graffiti-Schmierereien seien eine Erfindung unserer Zeit, musste Weller an dieser Stelle schmunzeln.

Kurios mutet auch an, dass Polizeibeamte, Gendarmerie-, Kreis- und Gemeindeboten, Vollzugsbeamte und Krankenschwestern die Straßenbahn kostenfrei benutzen konnten. Ebenso uniformierte Feuerwehrleute — aber nur bei Bränden. Sitzen durften die uniformierten Unterbeamten freilich nicht, sondern nur Stehplätze einnehmen.

Die Straßenbahn beförderte nicht nur Passagiere, sondern auch zahlreiche Güter, ist Weller bei seinen Nachforschungen aufgefallen: "Die Elektrische hatte auch eine wichtige wirtschaftliche Bedeutung für die Städte, die sie verband."

Einige Fragen konnten nicht geklärt werden: "Die Straßenbahn beförderte am Sonntag viel mehr Fahrgäste als unter der Woche. Offenbar Ausflügler. Nur, wo wollten die eigentlich alle hin?"

(RP)
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