Hilden Jahrelang in falscher Schule: Elternverein schickt Protestbrief

Hilden · Elternvereine in Nordrhein-Westfalen kritisieren das Sonderschulsystem in Deutschland. In einer gemeinsam unterschriebenen Erklärung fordern sie inklusive Bildung für alle Kinder und Jugendlichen in Nordrhein-Westfalen. Damit seien Sonderschulen überflüssig: "Dem Ruf exzellenter Fachlichkeit, der dem Sonderschulsystem in der öffentlichen und politischen Diskussion stets zugeschrieben wird, wird dieses Schulsystem in der Praxis nicht gerecht", heißt es in der Erklärung. Zu den 20 Unterzeichnern der Protestnote gehört auch der Verein "Gemeinsam Leben Lernen" in Hilden.

Hilden: Jahrelang in falscher Schule: Elternverein schickt Protestbrief
Foto: Tinter Anja

Anlass für die scharfe, doch in den Augen der Vereine überfällige Kritik ist ein Bericht des WDR-Fernsehens über den Jugendlichen "Nenad". Elf Jahre lernte der Junge auf Schulen für geistig Behinderte - obwohl er durchschnittlich begabt ist. Jahrelang bat er seine Lehrer, auf eine normale Schule wechseln zu dürfen. Vergeblich. Erst kurz vor seinem 18. Geburtstag gelang es mit Hilfe von Externen, zu einer Schule zu wechseln, in der ein Schulabschluss möglich ist. Jetzt verklagt Nenad das Land NRW. Einen Bericht über ihn und weitere Fälle strahlt der Sender heute, 20. Oktober, von 22.40 bis 23.25 Uhr aus.

Martin Rawe vom Verein "Gemeinsam Leben Lernen" kennt ähnliche Beispiele. "Ich fühle mich erinnert an einige Fälle, die in Hilden auffällig wurden, und es hieß, ,das Kind muss weg'", berichtet er. "Das trifft oft Kinder aus sozial schwachen Schichten, wo den Eltern klar gemacht wird, dass ihre Töchter und Söhne in der Förderschule besser aufgehoben wären", weiß Rawe. Sehr wohl sei der Elternwille entscheidend. "Aber wenn die Eltern so weit verunsichert werden, dass sie sich dem Urteil von Gutachtern und Pädagogen anschließen, dann können auch wir als Verein nicht mehr dagegen reden."

Rawe ist Vater einer Tochter mit Down-Syndrom und musste auch für deren Besuch einer Regelschule erst einmal kämpfen. Er glaubt, dass die Inklusion an Regelschulen noch nicht ausgereift ist, "weil ihnen nicht ausreichend Ressourcen zur Verfügung stehen". Das würde sich ändern, würden Sonderschulen auslaufen und die in sie investierten Mittel den Inklusionsprogrammen der Regelschulen zugute kommen. Martin Rawes Tochter Catharina ist mittlerweile zwölf Jahre alt und besucht eine weiterführende Schule. "Meine Tochter ist da seht gut aufgehoben und gut integriert."

(arue)
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