Rp-Serie Glaubensgemeinschaften (3) Gläubige bereiten sich auf die nahe Wiederkunft Jesu vor

Hilden · 120 Gemeindemitglieder zählt die neuapostolische Gemeinde in Haan, rund 20 davon sind Kinder, etwa 25 sind Senioren.

Haan Mattis liebt die Kirchenorgel. Mit seinen kleinen Fingern drückt der zweijährige die Tasten, lauscht aufmerksam den hallenden Klängen, lacht. Der kleine Junge ist das jüngste Gemeindemitglied der neuapostolischen Kirche Haan und bewegt sich vertraut in den Räumlichkeiten des Gotteshauses an der Eisenbahnstraße (gegenüber vom Haaner Bahnhof).

"Ich bin selbst in diesen Glauben hineingeboren worden, habe ihn natürlich auch im Jugendalter mal hinterfragt und abgeglichen mit den anderen Konfessionen. Letztlich aber merke ich immer wieder, dass ich hier genau richtig bin", erklärt seine Mutter, Carola Gebelin. Daher war es für sie keine Frage, auch ihre eigenen beiden Kinder neuapostolisch taufen zu lassen. "Wir sind eine unglaublich tolle Gemeinde, eine große Familie, wir verbringen viel Zeit miteinander, feiern Feste. Und wenn ich Probleme habe, stoße ich hier in der Kirche immer wieder auf Gott und spüre, dass er mich versteht, dass er zu mir spricht."

120 Gemeindemitglieder zählt die neuapostolische Kirche in Haan, rund 20 davon sind Kinder, etwa 25 Senioren. Außenstehende haben häufig Berührungsängste, wissen den Glauben nicht einzuordnen, bringen ihn mit Sekten in Verbindung. "Wir sind offen nach außen, wir verstecken uns nicht, wir haben schlichtweg nichts zu verbergen. Dass es sogenannte Aussteiger gibt, die Kontroverses behaupten, wissen wir - die gibt es aber überall", erklärt Ralf Geyer, Vorsteher der Haaner Gemeinde. Auch die für eine Sekte typische Auffassung, nur der eigenen Glaube sei der einzig Wahre, weist Geyer weit von sich. "So etwas würden wir uns niemals anmaßen. Ich kann für mich sagen, dass mein Glauben für mich richtig ist. Das gilt aber nicht automatisch für alle anderen." Die neuapostolische Kirche entspricht in ihren Strukturen der katholischen Kirche, in ihrem Glauben dagegen im Wesentlichen der protestantischen Konfession. Unterschiede gebe es nur wenige, sagt Ralf Geyer. "Wir glauben an die ewige Gemeinschaft mit Gott und wir bereiten uns auf die Wiederkunft Jesu in naher Zukunft vor. Und der Apostel spendet die drei heiligen Sakramente, die Wassertaufe, die Versiegelung und das Abendmahl."

Generell aber, so sagt es auch Carola Gebelin, gehe es, wie in anderen Glaubensrichtungen schlicht um die Umsetzung christlicher Werte im alltäglichen Miteinander. Mehrmals am Tag wird zuhause mit den Kindern gebetet. Auch die 12-jährige Lena ist fest im neuapostolischen Glauben verankert. "Ich bete viermal am Tag, das gibt mir so viel. Ich fühle mich beschützt und nicht alleine mit meinen Sorgen."

Ruth Müller feiert bald ihren 80. Geburtstag. Derzeit aber beschäftigt sie - wie so viele Menschen - der schreckliche Flugzeugabsturz der Germanwings-Maschine mit 150 Toten. Warum Gott so etwas zulässt - darauf weiß auch die tief gläubige Seniorin keine Antwort. "Letztlich spricht Gott ja nicht dem Menschen seine eigene Verantwortung ab, das wäre zu einfach. Ich mag nicht mutmaßen, wie es den Angehörigen geht und Trost können auch wir von der neuapostolischen Kirche kaum geben. Vielleicht nur darin, dass wir wissen, dass es irgendwann ein Wiedersehen geben wird."

(dani)
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