Hilden Gewerbesteuer ist wie eine Wundertüte

Hilden · Kämmerer Heinrich Klausgrete hat kürzlich die zweite Haushaltssperre erlassen. Weil die Gewerbesteuer um drei Millionen Euro eingebrochen ist. Das können viele Hildener nicht verstehen. Denn den Unternehmen in der Stadt geht es doch augenscheinlich gut. Die RP klärt die wichtigsten Fragen.

Hilden: Gewerbesteuer ist wie eine Wundertüte
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Wie ist der aktuelle Stand bei den Gewerbesteuer-Einnahmen? Der Kämmerer hat für den Haushalt 2016 39 Millionen Euro Gewerbesteuer-Einnahmen geplant, das sind schon drei Millionen weniger als noch im vergangenen Jahr (42 Millionen Euro). Aktuell fehlen noch sieben Millionen Euro. Dann erhielt die Stadt Mitteilung, dass sie drei Millionen Euro weniger Gewerbesteuer in diesem und in den nächsten Jahren einnehmen wird. Drei und sieben macht zehn Millionen Minus bei der Gewerbesteuer.

Hat die Stadt denn keine anderen Einnahme-Quellen? Doch, aber die Gewerbesteuer ist und bleibt mit 20,4 Prozent der Erträge die wichtigste Einnahmequelle der Stadt. Hilden verfügt über eine hohe Steuerkraft und bekommt deshalb keine Transferleistungen vom Land wie "arme" Kommunen. Deshalb kann die Stadt ein Minus bei der Gewerbesteuer nicht so einfach ausgleichen.

Warum schwanken die Gewerbesteuer-Einnahmen so extrem? Das liegt an der Berechnungsform, sagt Wirtschaftsdezernent Norbert Danscheidt: "Früher galt: Je mehr Gewinn ein Unternehmen macht, um so mehr Gewerbesteuer zahlt es. Das ist heute nicht mehr so." Firmen versuchen, wie jeder Normalbürger Steuern zu sparen. Investitionen sind gut für den Standort und die Mitarbeiter, können aber abgeschrieben werden und mindern die Gewerbesteuer. Internationale Konzerne können Gewinne und Verluste unter ihren Töchtern hin und herschieben und so Steuern sparen. Das ist legal. Danscheidt: "Die Gewerbesteuer ist für die Kommunen nicht mehr berechenbar."

Wer zahlt eigentlich Gewerbesteuer? Viel weniger Betriebe als viele glauben. Es gibt Freibeträge. Ihre Höhe hängt von der Gesellschaftsform ab. In Hilden gibt es rund 3200 so genannte laufende Fälle bei der Gewerbesteuer. Das bedeutet nicht, dass diese Unternehmen tatsächlich auch Gewerbesteuer zahlen. Es gibt auch Veranlagungen mit 0 Euro. Etwa 30 Betriebe zahlen rund 50 Prozent der gesamten Gewerbesteuer, schätzt Klausgrete. Deshalb kann es so dramatische Auswirkungen haben, wenn zwei oder drei von diesen Großzahlern plötzlich deutlich weniger zahlen oder ganz ausfallen. "Wichtig sind alle Betriebe, auch wenn sie keine Gewerbesteuer zahlen", betont der Kämmerer: "Denn sie beschäftigen Mitarbeiter, zahlen Lohn und entrichten Beiträge zur Renten- und Krankenversicherung."

Was können Rat und Verwaltung jetzt tun? Die Gemeindeprüfungsanstalt und die IHK sagen: Hilden nimmt nicht zu wenig Geld ein, sondern gibt zu viel aus. Auch der Politik ist klar, dass gespart werden muss. Aber man ist sich noch nicht einig, wo. Ein anderer Vorschlag lautet: Gewerbesteuer radikal senken nach dem Vorbild Monheims. Das Problem mit solchen Steueroasen ist: Sie funktionieren nur, weil sie halt Oasen sind. Flächendeckend funktioniert das Monheimer Steuer-Dumping nicht. Hilden hat nach Monheim und Langenfeld mit Ratingen bereits den niedrigsten Gewerbesteuersatz in der Region.

(RP)
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