Hilden "Gesetzesänderung ist ein Rückschritt"

Hilden · Anne Sprenger vom Paritätischen Wohlfahrtsverband im Kreis Mettmann setzt sich für Menschen mit Behinderung ein.

Hilden: "Gesetzesänderung ist ein Rückschritt"
Foto: Matzerath Ralph

Die Diplom-Sozialpädagogin Anne Sprenger hat viele Spielarten der Betreuung psychisch kranker Menschen gesehen. "Etwa in der Klinik", sagt sie. "Als ich angefangen habe zu arbeiten, ging es hauptsächlich darum, die Menschen ruhigzustellen und wegzusperren." Heute sei das anders. Es gebe viele Angebote, psychisch kranke Menschen am Alltag teilnehmen zu lassen, sagt sie. Das könnte jedoch durch die im November zur Verabschiedung anstehende Änderung des Bundesteilhabegesetzes anders werden.

Anne Sprenger (63) ist Geschäftsführerin der gGmbH "Verbund für Psychosoziale Dienstleistungen" mit Sitz in Langenfeld. Außerdem ist sie Vorsitzende der Kreisgruppe Mettmann des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbands, der sich in "Der Paritätische" umbenannt hat. "Wir, also der Verbund, betreuen Menschen mit psychischer Behinderung in Hilden, Langenfeld und Monheim." Etwa 200 Mitarbeiter kümmern sich darum, dass Menschen in ihren eigenen vier Wänden bleiben können, oder betreuen sie in stationären Wohneinheiten (30 Plätze in Langenfeld). Darüber hinaus betreibt der Verbund eine Tagesstätte in Langenfeld, wo es Frühstück und Beschäftigungsangebote gibt. In einem Qualifizierungszentrum (Gewerbegebiet Langenfeld) werden Menschen fit fürs Berufsleben gemacht. Auch ein 24-stündiges Krisenangebot hält der Verbund vor, ebenso wie zwei Kontaktstellen und einen Integrationsfachdienst.

"Unser Ziel war es immer, ambulante vor stationäre Hilfen zu setzen", sagt die engagierte Sozialpädagogin. "Auch die meisten unserer Klienten wünschen das." Das vorgelegte Gesetz fördert in der Folge aber das Gegenteil. Im Vordergrund stehe dabei, Steuern zu sparen und im Gegenzug die Sozialsysteme wie Krankenkassen, Pflege- und Rentenversicherungen zu belasten, bringt Sprenger ihre Sicht auf den Punkt und zeigt die Konsequenzen auf.

Noch werden die komplexen Leistungen der Eingliederungshilfe mit dem Landschaftsverband Rheinland (RVL) abgerechnet. Das künftig vorgesehene System mache es aber für psychisch Kranke schwierig. Sie müssen Dienstleitungen - etwa Pflege, Haushaltshilfe oder Soziotherapeutische Begleitung - über die Sozialsysteme abrechnen. "Das erfordert eine hohe Koordinationsleistung und gewährleistet nicht, dass Menschen trotzdem eine Begleitung etwa für einen Kinobesuch bekommen", sagt Sprenger. Fachlich und menschlich hält sie den neuen Entwurf deshalb für eine Katastrophe.

Dirk Lewandrowski leitet das LVR-Dezernat Soziales. Er begrüßt, dass nach der Änderung des Bundesteilhabegesetzes die Finanzierung von Fachleistungsstunden und Existenzsichernden Leistungen getrennt werden soll. Allerdings wünscht sich der Dezernatsleiter Übergangsfristen angesichts des Verwaltungsaufwands, der nach der Umstellung (geplant für 2020) auch auf seinen Verband zukommen wird. Prinzipiell kritisiert er, dass die Kosten für die Unterkunft gedeckelt werden sollen. "Diese Deckelung dürfte verfassungsrechtlich bedenklich sein - und widerspricht allen sozialhilferechtlichen Grundsätzen", kommentiert Lewandrowski.

(RP)
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