Hilden Gegen Angst vor Terror hilft Vernunft

Hilden · Die Hildener Professorin Gisela Losseff-Tillmanns empfiehlt konstruktive Konzepte für ein Miteinander als Mittel gegen die Angst vor Terror.

"Es besteht die Gefahr, dass sofort wieder einmal verallgemeinert wird." So reagiert Gisela Losseff-Tillmanns auf die Frage, was sie, die emeritierte Professorin für Soziologie an der Hochschule Düsseldorf, über den jüngsten Anschlag eines 17-jährigen ausländischen Attentäters in Würzburg denkt.

Medien- und Arbeitsoziologie, aber auch Kriminologie waren ihre Arbeitsschwerpunkte. Im Gespräch mit dieser hellwachen, kritischen Frau, die seit 2008 pensioniert ist, wird schnell klar, dass das Thema Terror, Angst und Islamisierung vielschichtig zu betrachten ist.

"Wir müssen uns fragen, was wir in unserem Land, unserer Stadt tun können, um Integration zu gewährleisten. Und dazu brauchen wir auch die islamischen Glaubensgemeinschaften." Es gehe nicht darum, schärfer zu verurteilen, sondern manchmal auch unpopuläre Maßnahmen zu ergreifen, damit das gelingt. Sie sagt das mit Blick nach Monheim, wo zurzeit über die Vergabe öffentlichen Geländes an muslimische Glaubensgemeinschaften diskutiert wird.

Die "Boulevardisierung" bestimmter Ereignisse hingegen schaffe nur mehr Angst. "Ausgerechnet in Ländern wie Japan und Deutschland, in denen erwiesenermaßen die Kriminalitätsrate im Verhältnis beispielsweise zu Brasilien gering ist, reagieren die Menschen besonders ängstlich." Sie berichtet von deutschen Studenten, die nach dem Attentat in Paris dort nicht mehr an einem Seminar teilnehmen wollten. "Die Entstehungsgründe und die Finanzierung von Terrorismus sollten uns beschäftigen."

Losseff-Tillmanns ist mit einem Franzosen verheiratet. 1992 hat sie ein Buch zum Thema "Jugendkriminalrecht in Deutschland und Frankreich" herausgeben. Die Geschehnisse in Nizza haben sie unglaublich traurig gemacht. Zum Thema Würzburg argumentiert sie, jeder solle sich immer wieder selbstkritisch hinterfragen: Was erwarte ich eigentlich von anderen Menschen? "Wir wissen doch gar nicht, was so ein junger Mann auf der Flucht erlebt hat. Welchen emotionalen und biografischen Hindergrund er hatte." Deshalb wünscht sich die gebürtige Solingerin statt vorschneller, öffentlicher Empörung erst einmal, ein gewisses Maß an Ungewissheit zuzulassen. Selbstbewusste und stabile Menschen, könnten das aushalten. Andere bräuchten dagegen "schnelle Antworten."

Die Wissenschaftlerin war Mitglied im Verwaltungsrat des WDR, arbeitet seit 2015 aktiv als stellvertretende Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucher im Kreis Mettmann. Schon 2003 hatte sie mit einem Team eine Internet-Informationsplattform zum Thema Kriminalität erstellt (www.journascience.org). "Die liegt leider zurzeit brach. Wir würden gerne weiter machen, wenn wir dafür Sponsoren hätten."

Langeweile hat die lebhafte Pensionärin auch nach ihrer Emeritierung nicht. Ihre Doktorarbeit hatte sie in den 1970er Jahren der Geschichte der Frauen in der Gewerkschaft gewidmet. Nun veröffentlicht sie ein Buch über "Ida Altmann-Bronn, die Lebensgeschichte einer sozialdemokratischen, freidenkerischen Gewerkschafterin" (Nomos-Verlag).

Und wenn die Katzen- und Pferdefreundin, die seit 1980 im Hildener Süden lebt, sich dann doch noch ganz privat politisch äußert, klingt das so: "Wir brauchen keine AfD. Sondern eine Regierung, die uns beschützt. Und zwar nicht durch Verschärfung von Gesetzen, sondern durch konstruktive Konzepte."

Gisela Losseff-Tillmanns war unter anderem von 1995 bis 2012 Mitglied im WDR-Verwaltungsrat und 1996 bis 1998 Mitglied der Enquetekommission des Deutschen Bundestags "Zukunft der Medien".

(RP)
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