Hilden Erkraths Laienschauspieler sind Originale

Hilden · Um Hermann Kreuels und Benno Lohn formierte sich nach dem Ersten Weltkrieg eine kuriose Darstellergruppe.

 Benno Lohn mit Künstlernamen "Benito" war einer der Schauspieler.

Benno Lohn mit Künstlernamen "Benito" war einer der Schauspieler.

Foto: B. Lohn/Usser Dorp

Man könnte nostalgisch werden bei dieser Geschichte. Da gab es in Erkrath ein paar Leute, für die einst die sprichwörtlichen Bühnenbretter die ganze Welt bedeuteten. Einer von ihnen war Hermann Kreuels, der es später in die hohe Liga eines "Erkrather Originals" schaffen sollte. Und der andere war Benno Lohn. Dessen Künstlername "Benito" auf einem Foto sollte noch Jahrzehnte nach seinem Tode für Verwirrung sorgen. Aber dazu später mehr.

 Die Laienschauspielergruppe mit Spielleiter Hermann Kreuels (unten links) vor der Aufführung von "Robert und Bertram".

Die Laienschauspielergruppe mit Spielleiter Hermann Kreuels (unten links) vor der Aufführung von "Robert und Bertram".

Foto: B. Lohn/Usser Dorp

Hermann Kreuels jedenfalls war eigentlich Änderungsschneider und hatte seine Wohnung im Hause von Lisa Schumm an der Kreuzstraße. Das Miteinander von Vermieterin und Untermieter passte: Während Kreuels an seinem Schneidertisch saß und auf Kundschaft wartete, war die kuriose Kolonialwarenhändlerin in ihrem vollgestopften Lädchen mitunter kaum zu sehen. Ab und an harrte der Schneider auch auf seinem Tisch aus, um den Wassermassen zu entgehen, die der Regen in die Erdgeschosswohnung spülte.

 Links: Benno Lohn mit Künstlernamen "Benito" war einer der Schauspieler. Rechts: Die Pfeife war ein Markenzeichen von Hermann Kreuels, Schneider und Spielleiter der Laientheatergruppe.

Links: Benno Lohn mit Künstlernamen "Benito" war einer der Schauspieler. Rechts: Die Pfeife war ein Markenzeichen von Hermann Kreuels, Schneider und Spielleiter der Laientheatergruppe.

Foto: B. Lohn/Usser Dorp

Um Ideen war er jedenfalls nie verlegen. So schloss er sich um die Jahrhundertwende dem Rosenmontagszug durchs Städtchen an, um mit einem an einer fünf Meter langen Stange angebundenen Klingelbeutel an den Fenstern Geld für die Bedürftigen zu sammeln. Dabei fehlte ihm selbst oft das Nötigste zum Überleben. Der Humor schien ihm hingegen nie verloren gegangen zu sein. "Er malte ein Papp-Plakat mit der Aufschrift ,Heilanstalt für kaputte Hosen' und befestigte es am Fenster zur Straße", berichten die Ercroder Jonges in ihrer Vereinszeitschrift.

Nach dem Ersten Weltkrieg gelangte Hermann Kreuels schließlich zu seiner Passion. Das Theater hatte es ihm angetan und vor allem eine Gruppe von Erkrather Laienschauspielern, die sich regelmäßig traf, um auf den heimischen Bühnen aufzutreten. Kreuels wurde nicht nur Spielleiter und wählte die Stücke aus, er kümmerte sich auch um Kostüme und Requisiten. Bei den Aufführungen war er nicht nur Kulissenschieber, sondern spielte auch noch den Souffleur. "Die Theateraufführungen fanden entweder im Weidenhof oder im Hof der Postwirtschaft statt", berichten die Chronisten. Und wenn Hermann Kreuels mit seiner Schauspielertruppe zum Düsseldorfer Opernhaus fuhr, um dort Kostüme auszuleihen, ließ er sich - klein und buckelig wie er war - in einen geflochtenen Schließkorb einsperren, um Geld zu sparen.

Zu seinen kreativen Kompagnons gehörte auch Benno Lohn, über den in der Familienchronik zu lesen ist: "Schauspielern konnte er...! Einen seiner größten schauspielerischen Erfolge landete Benno Lohn allerdings Jahrzehnte nach seinem Tod. Damals druckten die Ercroder Jonges in ihrer Vereinszeitschrift ein Bild des Schauspielers ab, in dessen Erklärtext sie ihn kurzerhand zur Frau machten. Später gab es dann eine Korrektur durch dessen Sohn - und alle dürften wohl darüber geschmunzelt haben. Unbestritten, das schauspielerische Verwirrspiel war gelungen. Und was will man mehr als das, wenn es um Schauspielerei geht.

Gänzlich heiter dürfte das Leben von Benno Lohn dennoch nicht verlaufen sein. Die Familie erzählt vom Traum eines Wandergesellenlebens, inmitten dessen man von Stadt zu Stadt zieht. Dann kam der Ruf aus dem Erkrather Elternhaus, dort wurde er gebraucht. "Er lebte sein Leben, ein Leben voller geplatzter Illusionen", ist über ihn zu lesen. In die Kriegswirren zweier Weltkriege hineingeboren, die Frau und Mutter seines Sohnes früh dem Tode geweiht.

Was Benno Lohn einst auf eines seiner Schauspielerfotos schrieb, hört sich mit einem Blick in den Rückspiegel der Ereignisse beinahe prophetisch an: Das Heut´ ist hell, das Morgen - dunkel.

(RP)
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