Rp-Serie Schulnamen (2) Der Geist des Standhaften lebt

Hilden · Das Vermächtnis Dietrich Bonhoeffers ist für das gleichnamige Gymnasium an der Gerresheimer Straße Programm.

HILDEN "Die letzte verantwortliche Frage ist nicht, wie ich mich heroisch aus der Affäre ziehe, sondern wie eine kommende Generation weiterleben will." Der Mann, der dies gesagt hat, ist keine 40 Jahre alt geworden. Nationalsozialisten knüpften ihn am 9. April 1945 im Konzentrationslager Flossenburg an den Galgen - einen Monat vor Ende des Zweiten Weltkriegs. Dietrich Bonhoeffer hatte den Nazis von Beginn an Widerstand geleistet. Und nach einer erschreckend langen Phase des Schwankens begannen Mitte der 1950er Jahre auch die Protestanten Wirken und Werk des hellsichtigen und entschlossenen Vertreters aus ihren Reihen anzuerkennen. Zur Gründung im Jahr 1955 bekam das evangelische Aufbaugymnasium der Itterstadt den Namen Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium. Sechs Jahre später wurde die Schule gewissermaßen volljährig: Die ersten 32 Schüler machten ihr Abitur.

Am Bonni, wie das Gymnasium an der Gerresheimer Straße genannt wird, ist der Namensgeber in den Klassen und auf den Gängen allgegenwärtig. Nicht umsonst ist die Evangelische Kirche im Rheinland Träger des Gymnasiums mit mehr als 1000 Schülern und 85 Lehrkräften. Andacht und Gottesdienst sind fest in den Stundenplänen der Klassen verankert.

Dem Namengeber wird alljährlich im April gedacht. Mehr noch: Dessen kritischer Geist hat über all die Jahrzehnte hinweg die Sinne der Schüler und Lehrer geschärft. In den 1970er Jahren etwa zogen die Schüler mit Flugblättern und in Aufklärungskampagnen gegen den Rauschgiftmissbrauch zu Felde, warnten vor den Folgen von Haschisch, Heroin und Co. Immer wieder stemmten sich die Mädchen und Jungen vom Bonni gegen das Vergessen der nationalsozialistisch motivierten Gräueltaten in Hilden - so etwa mit den "Antifaschistischen Tagen" im Jahr 1988.

Aus Anlass des 100. Geburtstags von Dietrich Bonhoeffer kam 2006 kein geringerer als der damalige NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers ans Bonni, um mit Schülern der neunten Klassen über das Vermächtnis Bonhoeffers zu diskutieren. Rüttgers betonte dabei, dass aus Bonhoeffers Sicht der Mensch mehr sei als die bloße Summe seiner Gene. Und dass der Mensch seine Freiheit bewahren müsse, gegen destruktive Weltanschauungen wie der der Nazis.

Bereits zehn Jahre zuvor hatten die beiden Schüler Nils Odenthal und Till-Martin Küster Dietrich Bonhoeffer am Schulgiebel ein Zeichen gesetzt: Ein übergroßes Fassadenbild zeigt den Namensgeber in der Mitte - umgeben von Szenen aus seinem Leben, auch in Zeiten der Nazi-Diktatur.

Neben den großen historischen Linien, die mit dem Namen Bonhoeffer verbunden sind, gibt es in Hilden aber auch eine weitere, scheinbar ewige Konstante: die Rivalität zwischen dem Helmholtz und dem Bonhoeffer-Gymnasium. Diese wird machmal auf dem Fußballplatz ausgetragen - zuletzt gewann das Helmholtz -, mal in Schullabors, wenn die Besten bei "Jugend forscht" um Ruhm und Anerkennung miteinander wetteifern. Über die Auswüchse der Rivalität in Form eindeutig misslungener, manchmal gar gerichtsanhängiger Abi-Streiche würden die Leitungen beider Schulen gerne den Mantel des Schweigens decken.

Die erste Folge der Serie (Emil Barth-Realschule) steht auf www.rp-online.de/haan

(dne)
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