Hilden "Bonni" hat zwei internationale Klassen

Hilden · 38 Schüler aus 13 Ländern werden im evangelischen Gymnasium unterrichtet. Das Ziel: Schulabschlüsse für jedes Kind.

 Lehrerin Kerstin Lai (links) unterrichtet neben Kunst auch Deutsch. In der 2. internationalen Klasse am "Bonni" sitzen 15 bis 17-Jährige, die erst seit wenigen Monaten Deutsch lernen. Ganz ohne Wörterbuch geht es noch nicht.

Lehrerin Kerstin Lai (links) unterrichtet neben Kunst auch Deutsch. In der 2. internationalen Klasse am "Bonni" sitzen 15 bis 17-Jährige, die erst seit wenigen Monaten Deutsch lernen. Ganz ohne Wörterbuch geht es noch nicht.

Foto: Olaf Staschik

Im Herbst 2015 nahm das Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium etwa 30 ausländische Schüler auf und gründete eine internationale Klasse: EU-Ausländer, daneben Russen, Afghanen, ein Ghanaer - insgesamt 13 Nationen waren es beim Start. Jetzt sind es noch 23 Schüler in der Einstiegsklasse, denn einige, etwa Serben, wurden als Asylbewerber nicht anerkannt und mussten inzwischen zurück in ihre Heimatländer.

Seitdem hat sich viel getan, erzählt Schulleiter Udo Kotthaus: "Wir haben jetzt zwei internationale Klassen: die erste mit den vielen Nationalitäten und eine neue mit nur vier Nationalitäten - Syrer, Iraner, Iraker und ein Junge aus Ghana." Viele dieser 16 Schüler sprechen kaum Deutsch. Es sind Bürgerkriegsflüchtlinge unter anderem aus Aleppo, ein unbegleiteter Minderjähriger und ein Ghanaer, den seine Mutter nachgeholt hat. Manche haben seit Jahren keine Schule besucht und müssen erst das Lernen wieder lernen; anderen fällt das Lernen leicht und sie besuchen schon bald den regulären Unterricht. "Unser Ziel ist es, dass jedes Kind einen Schulabschluss bekommt. Wir haben hier im Schulzentrum auch noch die Realschule und die Gesamtschule und das Ministerium will uns erlauben, auch den Hauptschulabschluss zu vergeben, weil wir ja in Hilden keine Hauptschule mehr haben", erzählt der Schulleiter. Die Schüler sind auf einem guten Weg: 16 von 23 Schülern in der ersten internationalen Klasse nehmen bereits in bis zu sieben Fächern am regulären Unterricht teil. Zum Teil geben ältere Schüler den Eingewanderten Nachhilfe.

Beinahe jede Unterrichtsstunde in den internationalen Klassen wird von zwei Lehrern gestaltet. "Die Doppelbesetzung finde ich klasse", sagt die 33-jährige gebürtige Iranerin Mojdeh Arfa, die in Deutschland und Afghanistan Betriebs- und Volkswirtschaftslehre studiert hat und als Seiteneinsteigerin das Lehramt anstrebt. Ihr Vorteil: Sie kann sich bei den Kollegen die Pädagogik abgucken, ihre eigenen Erfahrungen als Deutschschülerin am Goethe-Institut einbringen und zur Not für die afghanischen Kinder übersetzen. Die Arbeit in den internationalen Klassen gefällt ihr. Kollegin Kerstin Lai geht es ähnlich: "Ich unterrichte Deutsch und Kunst und stelle fest, dass das ein komplett anderer Unterricht ist als der, den ich gewohnt bin. Aber es macht Spaß und man bekommt von den Schülern viel zurück."

Etwa acht Lehrer am "Bonni" kümmern sich - zusätzlich oder ausschließlich - um die ausländischen Schüler. Der Schulleiter bekommt das hin, indem er am Gymnasium größere Klassen in Kauf nimmt: "Jeder ausländische Schüler hat einen regulären Stundenplan, aber wöchentlich bekommt er zusätzlich mal Zusatzunterricht in Deutsch, mal probeweise regulären Matheunterricht".

Udo Kotthaus stellt das Konzept der "internationalen Klasse in Hilden" bei Bildungsmessen und Fachtagungen in ganz Deutschland vor. Häufigste Reaktion: "Schön, aber zu personalintensiv." Er lässt sich davon nicht beirren: "Ein ehemaliger Schüler von mir, ein gebürtiger Türke und längst Doktor, hat mir geschrieben und sich bedankt, dass wir ihm damals das evangelische Wertesystem vermittelt haben. Jetzt hat er seine Tochter von einem staatlichen Gymnasium genommen und bei uns eingeschult."

(ilpl)
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