Haan Segway ist wie Skifahren ohne Schnee

Haan · Geführte Touren, Verkauf und Events mit dem Elektroroller bietet der "Segway Point" in Haan an. Eine Testfahrt.

 Heidi Wernecke (l.) zeigt RP-Mitarbeiterin Jessica Balleer, wie Segway-Fahren funktioniert. Das ist gar nicht so schwer.

Heidi Wernecke (l.) zeigt RP-Mitarbeiterin Jessica Balleer, wie Segway-Fahren funktioniert. Das ist gar nicht so schwer.

Foto: Olaf Staschik

Das also ist es? Das Fortbewegungsmittel der Zukunft? Zugegeben, ein wenig Respekt einflößend wirkt der Segway schon, mit seinen kräftigen Allwetterreifen und der labilen Lenkstange, die mich um einige Zentimeter überragt. Als man im Fernsehen US-Präsident George W. Bush, den Apple-Gründer Steve Jobs oder Stefan Raab auf jenem elektronischen Zweirad gesehen hat, wirkte das alles harmloser, irgendwie leichter. "So, einfach mal locker draufsteigen", sagt Heidi Wernecke, als hätte sie die Gedanken mitgehört. Es wird also Zeit für die erste Testfahrt.

Die ersten Sekunden fühlen sich erwartungsgemäß wackelig an. "Gerade hinstellen und die Lenkstange in die Hand", sagt Wernecke. Kaum gesagt und getan, ist der Stand vollkommen stabil. Die Elektromotoren des Segway werden durch ein "Gyroskop" austariert. Aber der Roller ist nicht zum Stehen, sondern zum Fahren konstruiert. Also folgt man weiter den Anweisungen des Instruktors.

Bei leichtem Druck auf die Fußspitzen geht es voran. Wer bremsen will, verlagert auf die Fersen. Man muss fast nichts machen, und doch bewegt man sich. Der Parcours im Haaner Hinterhof reicht schnell nicht mehr. Wie gut, dass das Fahren seit Sommer 2009 auch auf Straßen erlaubt ist. Diese Genehmigung hatte Dieter Krohn und Heidi Wernecke bewogen, den "Segway Point" in Haan zu eröffnen.

Seit zwei Jahren findet sich das Unternehmen an der Landstraße im Gewerbegebiet. Touren nach Solingen, Düsseldorf, Köln oder ins Neanderland starten hier. Und da steht sie nun. Die Garage, die eigentlich ein Raum der Zukunftsnostalgie ist: mit E-Bikes, E-Mofas und den 20 Hauptdarstellern, den Segways. Grüne Lichter blinken wie ein Herzschlag auf den Akkus, die gerade per Druckerkabel über normale Steckdosen betankt werden. Acht Stunden dauert es, bis sie geladen sind. Etwa 40 Kilometer kann man dann zurücklegen. Heute bleibt es bei einigen Hundert Metern.

"Einmal mitkommen, bitte", flötet mir die 58-jährige Instruktorin noch zu, und schon gleitet sie den Anstieg hinauf. Und es mag vielleicht so aussehen, als würde ich hinterher dackeln. Aber es fühlt sich wie fliegen an. Es befriedigt diesen inneren Menschheitstraum, der alle Generationen verbindet. Mit 12 das erste Kickboard, mit 14 die Inliner und ab 16 Jahren erweitert das Mofa die eigene Definition von Freiheit.

Doch das Fahrgefühl auf dem Segway ist mit nichts von all dem vergleichbar. Es ist leichter als Inlinerfahren und sanfter als das abgehakte Stop-and-go, das man vom Pedalo kennt. Der Segway ist ganz feinfühlig, ganz sensibel. Fast so, als wäre er an das eigene Nervensystem angeschlossen - kaum denkt man darüber nach, eine Rechtskurve zu fahren, schon lenkt das Gefährt gefällig ein. Deswegen ist es so intuitiv und einfach zu lernen: Es dauert keine fünf Minuten, schon gleite ich hinter Heidi Wer-necke die steile Zufahrt hinauf und wieder herab. Wie Skifahren auf dem Asphalt. Es sind die ersten Meter auf der Sightseeing-Tour "Neanderland", zu der Woche für Woche die Gruppen aus ganz NRW anreisen. Der Rundkurs startet in Gruiten, führt an der Düssel und dem malerischen Neandertal vorbei und endet in Haan.

"Segway ist ein Nischenprodukt. Er wird wohl ein Exot bleiben", sagt Wernecke. Wegen der Preisklasse, sagt sie. Stattliche 9.000 Euro koste der Roller ja auch. Doch trotz der Verkaufszahlen, die deutschlandweit im dreistelligen Bereich dümpeln, hat der "Segway Point" in Haan eine Nische gefunden. Und freut sich über steigendes Interesse von Menschen aus ganz Nordrhein-Westfalen, die belastende Gedanken einen Tagesausflug lang mal beiseite legen, sondern sich einfach nur mal dem Fahrspaß hingeben.

(ball)
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