Gruiten Schüler arbeiten als EU-Politiker

Gruiten · In einem Planspiel Europa ging es für Gruitener Waldorfschüler um schwierige Fragen rund um die Asylpolitik.

 Am Verhandlungstisch gab es zum Teil kontroverse und leidenschaftliche Diskussion. Bis zum Ende des Schultages konnten sich Parlament, Ministerrat und Kommissions-Vertreter der Kommission aber nicht auf einen Gesetzes-Vorschlag einigen.

Am Verhandlungstisch gab es zum Teil kontroverse und leidenschaftliche Diskussion. Bis zum Ende des Schultages konnten sich Parlament, Ministerrat und Kommissions-Vertreter der Kommission aber nicht auf einen Gesetzes-Vorschlag einigen.

Foto: Staschik

Den Arbeitsalltag der Europäischen Union erlebbar machen - mit diesem Ziel fand in der Freien Waldorfschule Haan-Gruiten das "Planspiel EU" statt. Die 36 Schüler der zehnten Klasse wurden für einen Tag zu Mitgliedern des EU-Parlaments, Ministern im Rat der Europäischen Union und Vertretern der Europäischen Kommission.

Wann sollen Asylbewerber in ihrem Ankunftsland arbeiten dürfen? Wie und wo sollen sie nach ihrer Ankunft untergebracht werden? Über diese beiden Streitpunkte der EU-Asylpolitik wurde originalgetreu verhandelt. Zuvor waren die Schüler in drei Gruppen eingeteilt worden. Die Vertreter der EU-Kommission erhielten ein Rollenprofil, das eine Position vorgab. "Zuerst macht die Kommission dem Rat und dem Parlament einen Vorschlag. Das Parlament diskutiert anschließend darüber und übermittelt etwaige Änderungsanträge an den Rat. Wenn der Rat zustimmt, ist der Rechtsakt erlassen. Wenn nicht, muss erneut über Änderungen abgestimmt werden", erklärte Janna Articus. Die 24-jährige studiert Politikwissenschaft in Duisburg und betreute die Aktion als Spielleiterin.

"Wir führen die Planspiele mit Schülern der neunten bis 13. Klasse durch. Am liebsten halten wir Spielleiter uns ganz zurück und lassen die Schüler machen", erklärte Holger Haberstock, 38. Der Referent für politische Angelegenheiten bei Eurosoc-Digital besucht im Auftrag der Europäischen Kommission Schulen in vier Bundesländern. "Die Schüler lernen nicht nur etwas über den Arbeitsalltag der Europäischen Union. Das Planspiel fordert von ihnen, eine Position zu vertreten, einander zuzuhören und miteinander über gegensätzliche Ansichten zu diskutieren", so Haberstock. Die Zehntklässler zeigten sich motiviert und diskutierten mal leidenschaftlich, mal konzentriert. Für den 17-jährigen Azher Jendo war das Planspiel eine besondere Situation. Er ist einer von drei Flüchtlingen, die am Unterricht teilnehmen. Azher stammt aus dem Iran und lebt seit fast einem Jahr in Deutschland. Einen Sprachkurs hat er nie gemacht, trotzdem spricht und versteht er gut Deutsch. Die Argumente, die seine Mitschüler während des Planspiels in der Theorie diskutierten, konnte Azher persönlich beurteilen: "Nach sechs Monaten sollen die Flüchtlinge arbeiten dürfen - aber so schnell kann nicht jeder die Sprache gut genug lernen."

Auch wenn sich Kommission, Rat und Parlament am Ende des Planspiels nicht auf einen Gesetzesvorschlag einigen konnten, zeigten sich die Beteiligten zufrieden. "Ich finde es wichtig, dass wir uns mit diesem aktuellen Thema beschäftigt haben", sagte Jasper Bender (15), der die Rolle eines Vertreters der Europäischen Kommission übernommen hatte. "Es ist schwierig, einen Überblick zu bekommen, weil es so viele politische Institutionen in der EU gibt. Aber bei dem Planspiel war man mittendrin. Ich verstehe jetzt viel besser, wie alles zusammenhängt. Und warum es manchmal schwer ist, eine Lösung zu finden, mit der alle zufrieden sind."

(RP)
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