Selfies Mein Lieblingsplatz (2) Hier erzählt Kalkstein Geschichte

Gruiten · Die Gruitener Grube 7 war einst ein Steinbruch. Heute ein Naturschutzgebiet, das sich immer noch wandelt.

 Vom Aussichtspunkt am Weg um die obere Steinbruchkante bietet sich ein schöner Blick auf die alte Kalkabbau-Stätte, die innerhalb von fünf Jahrzehnten vom Industrie- zum Naturschutzgebiet geworden ist.

Vom Aussichtspunkt am Weg um die obere Steinbruchkante bietet sich ein schöner Blick auf die alte Kalkabbau-Stätte, die innerhalb von fünf Jahrzehnten vom Industrie- zum Naturschutzgebiet geworden ist.

Foto: Ralf Geraedts

Vor gut 50 Jahren gab es die letzte Kalkstein-Sprengung in der Grube 7. Heute ist der frühere Gruitener Steinbruch ein Naturschutzgebiet, das seltenen Orchideenarten und bedrohten Amphibien eine Heimstatt gibt. Wie oft ich in meinen fast 34 Haaner Redakteursjahren in und an der Grube 7 gewesen bin, weiß ich nicht. Aber jedes Mal bin ich fasziniert, wie sich Natur altes Industrieterrain zurückholt. Und, wie enorm sich das Areal verändert hat. Früher stand die Grube unter Wasser. Im Winterhalbjahr schimmerte auch der flache Bereich jadegrün. Im Sommer lockte nur der tiefe See alle möglichen Leute an: Da suchten Badegäste (unerlaubt) Erfrischung, sprangen Leichtsinnige von den Felsen in die Fluten. Sporttaucher hatten hier ihr Trainingsrevier. Die Polizei rückte mehrfach zu Razzien an, um Wildcamper zu stellen. Im Stadtrat gab es Streit um die Absicherung des Areals mittels eines Zaunes. Gestohlene Fahrzeuge wurden von der Polizei aus den Fluten gehievt.

 Der alte Kalkbrecher aus Beton steht heute an einem Weg mitten im Wald.

Der alte Kalkbrecher aus Beton steht heute an einem Weg mitten im Wald.

Foto: RED

Ungezählte Arbeitsstunden der örtlichen Naturschützer trugen dazu bei, dass sich im eingezäunten Bereich bedrohte Pflanzen- und Tierarten ansiedelten. Als der Wasserstand wegen Pumparbeiten im nahen Steinbruch Oetelshofen immer mehr absank, gab es Fisch-Rettungsaktionen. Dann legten AGNU-Aktive künstliche Teiche an, die seither als Laichgewässer dienen. Die Froschkonzerte sind in den letzten Jahren in dem Maße leiser geworden, wie der Bestand der Waschbären in der Region zunahm.

Die Kalkindustrie prägte über Jahre den Stadtteil Gruiten. Heute erinnern nur noch einige Reste der Produktionsanlagen - wie der Kalkbrecher im Wald - an die vergangene Industriezeit. Und Straßennamen - Sinterstraße, Mergelweg, Seilbahnweg - im Baugebiet Düsselberg. Das Arbeiterdorf hat sich längst zum Denkmal-Kleinod entwickelt und der Abbaubereich zum Naherholungsgebiet.

Der Kalkstein kann Geschichte(n) erzählen.

(RP)
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