Analyse Haushalt: Stadtrat dreht sich im Kreis

Haan · Die Beratungen zum Haushaltsplan verlängern sich um eine Woche. Die CDU wirkt ratlos, fordert von der Kämmerei weitere Zahlen. Das verankerte Ziel, dass 2020 die Verlustzone verlassen sein muss, ist in Gefahr. Das Problem: Die Politik setzt keine Prioritäten.

Ihre eigene Klausurtagung vom 10. und 11. April brachte der CDU offenbar noch keine Klarheit. Immer wieder meldet sie in den Haushaltsplanberatungen der Fachausschüsse "Beratungsbedarf" an. So auch am Dienstagabend in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses. Die Folge: Die eigentlich für Dienstag, 5. Mai, angesetzte finale Ratssitzung wurde auf den 12. Mai verschoben. Stattdessen berät am 5. Mai noch einmal der Haupt- und Finanzausschuss.

Die CDU tut sich schwer mit dem aktuellen Haushaltsplanentwurf, der aufgrund seiner defizitären Situation schon für dieses Jahr Erhöhungen von Gewerbe- und Grundsteuer vorsieht. Die aktuelle Argumentationslinie der Christdemokraten, die sich mit der FDP deckt: Im Haushalt ist noch Luft. "Projekte, die schon längst abgerechnet sein müssten, sind noch im Haushalt enthalten", führt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Rainer Wetterau aus. Außerdem gibt es aus Sicht der CDU Reserven. Daher sollen zum HFA am 5. Mai "alle Zahlen auf dem Tisch liegen. Wir wollen, dass sauber gerechnet wird", sagt Wetterau. Im Idealfall komme man so vielleicht um die angekündigten Steuererhöhungen herum.

Nun gerät also offenbar auch die städtische Finanzverwaltung unter Beschuss. "Warum lehnt ausgerechnet die Kämmerei einen Controller ab?", fragt FDP-Fraktionschef Michael Ruppert in einem Antrag, in dem er von "Abweichungen" zwischen den Haushaltsplanentwürfen und den tatsächlichen Jahresabschlüssen spricht. Wurde der Haushalt schlecht gerechnet?, so lautet die darin versteckte Frage. Die Kämmerei bereitet auf Wunsch des Hauptausschusses nun eine schriftliche Stellungnahme vor, die ihre Position - Kämmerin Dagmar Formella: "Es gibt keine Lücken im Haushalt" - untermauern soll. Kopfschütteln bei den anderen Fraktionen. WLH-Fraktionschefin Meike Lukat wetterte gestern Morgen in Richtung SPD und CDU: "Diese Art der Haushaltspolitik stellt eine kaum kalkulierbare Gefahr für Haan und die Funktionsfähigkeit von Rat und Verwaltung dar!" Sie kritisiert, dass auf der einen Seite wichtige Beschlüsse verschoben wurden, zugleich aber eine am Dienstagabend auf Antrag der SPD beschlosseneallgemeine Beförderungssperre durchgewunken wurde. Die lehnt Lukat als "demotivierend" für die Leistungsträger in der Stadtverwaltung ab. Zu befürchten sei, dass gute Kräfte abwandern oder gar nicht erst anzuwerben sind. Auch Bürgermeister Knut vom Bovert zeigte sich über diesen Beschluss nicht begeistert: "Na herzlichen Glückwunsch", sagte er ironisch.

Es herrscht Ratlosigkeit im Rathaus. Und ein von der Kämmerei nachgereichtes Papier, in dem weitere von der Politik gewünschte Projekte in den Etat reingerechnet wurden, offenbart, dass das im Haushaltssicherungskonzept für 2020 verankerte Ziel des Haushaltsausgleichs so nicht mehr erreicht werden kann. Das aktuell für 2020 ausgerechnete Defizit beträgt 375 000 Euro. Ursprünglich war für 2020 noch ein Überschuss von 81 000 Euro avisiert worden. Das heißt, der Haushaltsausgleich ist in Gefahr. Die Stadt Haan droht, in den Nothaushalt zu rutschen, werden wirklich alle Wünsche so auch in die Tat umgesetzt.

Höchste Zeit für eine Aufgabenkritik. Aber noch nicht einmal eine Prioritätensetzung fürs Gebäudemanagement war am Dienstagabend nicht möglich. Der Fachbereich hatte seine Überlastung angezeigt - mindestens vier Projekte sind aufgrund der personellen Überlastung zurzeit nicht umsetzbar. Der Hauptausschuss genehmigte daraufhin anderthalb weitere Stellen. Ob und wo dieses Geld an anderer Stelle eingespart werden soll, blieb aber offen. Fragen, die in den kommenden Sitzungen von Hauptausschuss und Rat beantwortet werden sollen - werden müssen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort