Gebührenskandal in Haan Prüfungsamt bemängelt unvollständige Unterlagen

Haan · Im Gebührenskandal um Krankentransporte und Rettungsdienste ist weder die genaue Schadenssumme für die Stadt Haan, noch die Verantwortlichkeit festzustellen. Zu diesem Schluss kommt das Rechnungsprüfungsamt (RPA) des Kreises, das den Vorgang mehrere Monate lang unter die Lupe nahm.

Es stellte dabei fest, dass die "vorgelegten Unterlagen insgesamt kaum prüffähig waren". Das berichtete Harald Beier, Leiter des RPA, am Dienstag im Rat. Die ihm vorgelegte Dokumentation sei lückenhaft. Nicht prüffähig seien von der Kämmerei vorgelegte Excel-Tabellen mit nicht zuordenbaren, handschriftlichen Vermerken. Auch Personalkosten seien "handschriftlich zusammengetragen" worden. Gebührenbedarfsberechnungen hätten gar nicht erst vorgelegen. Andere Berechnungen seien "fehlerhaft" gewesen. Sich so einen vollständigen Überblick zu verschaffen, sei unmöglich.

Rückblende. November 2015 war bekannt geworden, dass Gebühren für Krankentransporte und Rettungsdienst seit 1990 nicht erhöht wurden — "ungewöhnlich über so einen langen Zeitraum", so Beier. Von 1991 bis 2014 lief allein im Rettungsdienst ein Defizit von 2,2 Millionen Euro auf. Dieser Betrag sei jedoch "nicht mit dem Wort ,Schaden' gleichzusetzen. Der Schaden ist wesentlich geringer", mahnte Beier mit Verweis auf weitere Kosten und Erträge, Abschreibungen und Verzinsungen sowie fehlende Gebührenbedarfsberechnungen und Betriebskostenabrechnungen.

Allerdings muss auch an der eilends beschlossenen Gebührensatzung noch nachgebessert werden. "Sie ist zwar von den Strukturen her nicht zu beanstanden, aber eine Optimierung hätte zu weiteren 100.000 Euro an Einnahmen geführt", urteilte Beier. Aktuell wurden die Gebühren für den Krankentransport von zuvor 57 auf jetzt 157 Euro erhöht.

Damit will die Politik das Thema allerdings noch nicht beenden: Der Rat beschloss, dass das RPA zumindest noch einmal den Zeitraum des vierten Quartals 2015 genauer analysiert und dem Rechnungsprüfungsausschuss der Stadt Haan am 9. Juni Auskunft gibt. Denn dass die Verwaltung spätestens 2015 das Versäumnis dem Rat nicht schon früher zur Kenntnis gegeben hat — und damit auch die Möglichkeit zur sofortigen Nachbesserung verwehrt blieb — war wohl "der anstehenden Bürgermeisterwahl" geschuldet und dem Umstand, "nicht eine unliebsame Diskussion erleben" zu wollen, mutmaßte Harald Giebels (CDU). "Die Verwaltung hat vorsätzlich die Gremien des Rates nicht in Kenntnis gesetzt."

In scharfem Ton forderte er: "Diesen Rechnungsabgleich wollen wir sehen und wollen wissen, ob der Stadt da ein Schaden entstanden ist." Einen externen Wirtschaftsprüfer einzuschalten, wie von der CDU ebenfalls gefordert, hielt das Rechnungsprüfungsamt nicht für sinnvoll: Durch das Chaos würde selbst ein Experte nicht durchblicken, mahnte Beier. Und auch Walter Drennhaus (SPD) zweifelte, "ob das zielführend ist". Ähnlicher Ansicht ist Petra Lerch (GAL): "Wir werden keine großartige Aufklärung mehr erlangen. Die Kosten für den Wirtschaftsprüfer wären größer als der Benefit für die Stadt."

Fazit: "Wir haben eine Aktenführung gehabt, die nicht wirklich eine war", urteilte Bürgermeisterin Bettina Warnecke am Ende der Diskussion. Verbesserungen seien bereits eingeleitet worden. 890.000 Euro an zwischen 2009 und 2014 noch nicht berechneten Gebühren wurden zwischenzeitlich eingefordert. Es gibt einen erweiterten PC-Arbeitsplatz mit moderner Abrechnungssoftware. Weiterbildungen sind geplant. "Und wir müssen uns in der Verwaltung noch einmal ganz klar über den Dienstweg unterhalten", so Warnecke eindringlich.

(arue)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort