Haan-Gruiten Eisenbahn sorgte für Aufschwung in Gruiten

Haan-Gruiten · Um Gruiten herum gab es eine ganze Reihe von Eisenbahnstrecken. Gerard Clemens hat sie erforscht und die Ergebnisse auf seiner Internetseite mit wissenschaftlicher Akribie dokumentiert.

 Ansichtskarte des Gruitener Bahnhofs datiert um 1909. Lokalhistoriker Lothar Weller hat die Postkarte entdeckt und restaurieren lassen.

Ansichtskarte des Gruitener Bahnhofs datiert um 1909. Lokalhistoriker Lothar Weller hat die Postkarte entdeckt und restaurieren lassen.

Foto: Gruitener Archiv

Am 28. Mai 1841 begann der Personenverkehr auf der Eisenbahnlinie Düsseldorf-Vohwinkel. Zwischen Gruiten-Dorf und Haan entstand mitten auf der grünen Wiese die Station "Haan" (heute Gruiten). Um den Haltepunkt herum wuchs Ende des 19. Jahrhunderts ein neuer Stadtteil. An der Bahnstraße wurde 1897 auch das Rathaus der Bürgermeisterei Gruiten errichtet (mit Schöller, Millrath, Obgruiten) - heute Sitz des Bergisch-Rheinischen Wasserverbandes. Die Bahnstraße ist noch heute Gruitens Einkaufsstraße. Als sich Gerard Clemens vor über 40 Jahren mit seiner Frau in Gruiten niederließ, fiel ihm auf, dass es dort in fußläufiger Entfernung vier Bahnlinien gibt: die Sambastrecke, die Korkenzieherbahn, die Rheinische Strecke von Düsseldorf nach Dortmund und die Hauptstrecke Gruiten-Ohligs-Opladen-Köln. "Das hat mich immer interessiert", sagt der Elektro-Ingenieur.

 Gerard Clemens hat das Stellwerk Neandertal (l.) für seine Anlage maßstabsgetreu nachgebaut.

Gerard Clemens hat das Stellwerk Neandertal (l.) für seine Anlage maßstabsgetreu nachgebaut.

Foto: Christoph Schmidt

Er begann zu recherchieren. Das Eisenbahn-Gen hatte er da bereits im Blut. Der Großvater war bei der niederländischen Bahn beschäftigt. Er wohnte in Boxtel direkt an einem Bahnübergang. "Meine frühesten Kindheitserinnerungen sind Dampflokomotiven, die mit endlosen Kohlezügen vorbei ratterten." Der Vater schenkte ihm mit sechs Jahren eine Modell-Lok mit zwei Wagen. Clemens hilft gelegentlich den Modellbahnfreunden Mettmann bei deren Anlage. Viele Informationen habe er im Internet gefunden, erzählt der 67-Jährige: "Google hat viele Archive digitalisiert und ins Internet gestellt." Die Schrifttypen so mancher alten Dokumente waren für den gebürtigen Niederländer nur schwer zu lesen. Doch da gebe es einen Trick: "Markieren, copy und paste: Dann erscheint der Text in modernen Typen." Gerard Clemens hat mit geradezu wissenschaftlicher Akribie die Baugeschichte der Bahnstrecken rund um Gruiten, Bahnhöfe, Stellwerke, Unterführungen recherchiert, mit mehr als 1000 Fotos dokumentiert und auf einer privaten Internetseite (www.bahn-in-haan.de) ins Netz gestellt. Das fiel auch dem Bergischen Geschichtsverein Haan auf.

Im vergangenen Jahr lud er den Gruitener Privatmann zu einem Vortrag über "175 Jahre Düsseldorf-Elberfelder Eisenbahngesellschaft" ein. "Gerard Clemens ist ein exzellenter Kenner der Eisenbahngeschichte Gruitens, obwohl er gebürtiger Niederländer ist", lobt der bekannte Lokalhistoriker Lothar Weller. "Der Vortrag war hervorragend. Man fragt sich, woher er das alles hat. Es ist seine Leidenschaft." Die Station Haan (später Gruiten) sei der Katalysator für die Entwicklung des neuen Stadtteils gewesen, sagt Weller: "Die Bahn hat viele Händler von außerhalb angezogen. Sie machte es möglich, Waren zu empfangen und zu versenden." Warum gab es bei Gruiten so viele Bahnstrecken? "Die Märkisch-Bergische Eisenbahngesellschaft hatte beschlossen, dort ihre Strecke mit der Düsseldorf-Elberfelder Bahn zu verbinden", fasst Gerard Clemens seine Nachforschungen zusammen. Dazu musste die Bahn rund 80 Höhenmeter vom Rheinland ins Bergische Land überwinden: "Das gelang auf der Strecke von Düsseldorf nach Elberfeld mit einer Steilrampe mit Seilzuganlage zwischen Erkrath und Hochdahl, die von 1841 bis 1926, also über 85 Jahre, unverändert in Betrieb war." Beim Bau der Bahnstrecke wurde in Gruiten (zwischen Gruiten und Vohwinkel) Eisenerz gefunden. "Es handelt sich um Limonit oder Brauneisenerz/Brauneisenstein, das meist dicht unter der Oberfläche im Tagebau gewonnen wurde." Zeitweise habe es 16 Erz-Gruben auf dem Gebiet der damaligen Bürgermeisterei Haan gegeben.

Der Eisenfund führte zum Bau der Eisenhütte "Eintracht" in Hochdahl. "Im Geschäftsbericht der Düsseldorf-Elberfelder Eisenbahn-Gesellschaft aus 1853 kann man lesen, dass täglich drei Güterzüge nach Düsseldorf und zwei zusätzliche Erz-Züge von Haan nach Hochdahl fuhren", hat der Eisenbahn-Forscher herausgefunden: "Gruiten ist erst durch die Eisenbahn Gruiten geworden."

(cis)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort