Analyse Bürgermeister zwischen den Stühlen

Haan · Am 13. September sind Bürgermeisterwahlen in Haan. Warum das Bürgermeisteramt ein schwieriger Spagat ist - und warum es für die Haaner trotzdem so wichtig ist, wählen zu gehen.

Die Haaner werden wohl erst am 27. September erfahren, wer die nächsten fünf Jahre ihr Bürgermeister ist - sei es nun ein Mann oder eine Frau. Denn eine Stichwahl erscheint bei der für eine 31 000-Einwohner-Stadt ungewöhnlich großen Zahl von fünf Kandidaten schon allein mathematisch als sehr wahrscheinlich: Der Bewerber müsste am 13. September 50,1 Prozent aller Stimmen auf sich vereinen, um im ersten Anlauf zu gewinnen. Doch eine solche eindeutige Mehrheit ist zurzeit unrealistisch.

Knut vom Bovert (parteilos), Bettina Warnecke (parteilos, von der CDU aufgestellt), Jörg Dürr (SPD), Meike Lukat (WLH), und Gabriele Haage (CDU, aber nicht von der CDU aufgestellt) hängen zurzeit fleißig ihre Wahlplakate in Haan auf.

Knut vom Bovert, der als unabhängiger Kandidat einst Aufbruchstimmung verbreitete, kann die Erfahrung aus zwei Legislaturperioden und seinen Amtsbonus in die Waagschale werfen, hat aber auch Federn lassen müssen. Jörg Dürr, von eher sanftem Wesen, hat langjährige Erfahrung als Ratsmitglied vorzuweisen, muss aber den Wähler davon überzeugen, dass er das Rathausteam führen kann. Chef von 270 Mitarbeitern, das ist schon eine Hausnummer.

Meike Lukat ist eine Fraktionschefin, die sich mit Hartnäckigkeit in Themen einarbeitet. Das bringt ihr nicht nur Freunde ein. Doch so mancher Bürger, der sie bei einer öffentlichen Rats- oder Ausschusssitzung erlebt, zollt ihr Respekt, weil sie nicht locker lässt.

Bettina Warnecke hat den Luxus einer Helicopter-Position, denn sie war bislang noch nicht im Polit-Geschäft aktiv. So nimmt sie die Haltung des kritischen Außenstehenden ein und steht damit automatisch dort, wo auch der Bürger steht. Das kann ihr Sympathiepunkte einbringen. Allerdings fischt in demselben Teich, aus dem die bürgerliche Werte betonende Bettina Warnecke ihre Stimmen ziehen will, auch die unabhängige Kandidatin Gabriele Haage (CDU). Sie ist Mitglied der Frauenunion in Hilden, wurde jedoch nicht von der CDU Haan aufgestellt und wird von ihr auch nicht unterstützt. Auf den Wahlplakaten spielt sie mit ihrer Position als Außenseiterin. Immerhin vermochte sie schon 250 Unterstützerunterschriften für die Zulassung ihrer Kandidatur zu sammeln. Bislang aber war sie - anders als Bettina Warnecke, die regelmäßig kommt - nur sehr vereinzelt bei Rats- oder Ausschusssitzungen zu sehen.

Die Haaner Bürger wählen am 13. September eine einzelne Person, können zugleich jedoch dazu beitragen, dass die Position des von ihnen bevorzugten Flügels gestärkt wird. Die Bürgermeisterstimme ist oft genug Zünglein an der Waage. Doch egal, wie die Bürgermeisterwahl ausfällt: Beneiden muss man niemanden um diesen Job. Ratsarbeit in Haan ist Kernerarbeit. Von der Politik aufgestellt, vom Bürger gewählt und als Chef der Stadtverwaltung sitzt der Bürgermeister zwischen allen Stühlen. Er leitet die Sitzungen des Rates, der ihn zugleich kontrollieren soll. Er muss zunehmenden Mangel verwalten, denn die Schuldenlast nimmt Luft und Raum zur kreativen Gestaltung städtischen Lebens. Er muss seine eigene Überzeugung wahren und zugleich bereit sein, Kompromisse zu schließen oder zuzulassen. Er muss loyaler Vorgesetzter sein und zugleich eine Aufgabenkritik an der städtischen Verwaltung zulassen.

Es ist also ein Spagat, den der Bürgermeister zu leisten hat, und dies angesichts aller angesammelten Haaner Empfindlichkeiten. Daher ist unbedingt eine weitere Eigenschaft des Bürgermeisters aufzuzählen: Er braucht das dicke Fell eines Polarbären - mindestens.

(RP)
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