Grevenbroich Wohnberatung beginnt oft bei der Badewanne

Grevenbroich · Die Caritas bietet eine Wohnberatung auch für Demenzkranke an. Der Verband wünscht sich, dass diese Stelle noch viel bekannter wird.

 Sozialpädagogin Beate Müller ist Wohnberaterin bei der Caritas und wünscht sich, dass dieses Angebot noch bekannter wird in der Bevölkerung.

Sozialpädagogin Beate Müller ist Wohnberaterin bei der Caritas und wünscht sich, dass dieses Angebot noch bekannter wird in der Bevölkerung.

Foto: Lber

Alter, Gebrechlichkeit, Behinderung werden in einem Raum in Wohnung oder Haus zuallererst zum Problem: im Badezimmer. "Ich komme nicht mehr in meine Badewanne. Was soll ich tun?" - Diese Frage hört die Caritas-Wohnberaterin Beate Müller immer wieder bei ihren Erstgesprächen mit Senioren und Behinderten. Dann vereinbart sie in der Regel einen Hausbesuch: "Und meistens fällt mir dann noch eine ganze Menge Weiteres auf, ein klassisches Beispiel sind zu viele Stolperfallen oder eine für die Sicherheit unzureichende Beleuchtung", berichtet die Diplom-Sozialarbeiterin, die auch als Seniorenberaterin gearbeitet hat, bevor sie im Oktober 2010 gemeinsam mit zwei weiteren Damen und einer Architektin die Wohnraumberatung im Rhein-Kreis Neuss übernahm.

Beate Müller ist Ansprechpartnerin für Grevenbroich und unter anderem für Jüchen. Aus ihrer Zeit als Seniorenberaterin wisse sie aber, dass die Wohnberatung nicht losgelöst betrachtet und angepackt werden dürfe: So müsse zum Beispiel grundlegend zunächst die Frage einer Pflegestufe für den Ratsuchenden geklärt werden. Erst dann sei es sinnvoll zu entscheiden, ob zum Beispiel für einen barrierefreien Badezimmerumbau Kostenzuschüsse zu beantragen seien. Dabei stellt die Wohnberaterin aber immer wieder eine Diskrepanz zwischen den aus ihrer Sicht leicht zu erhaltenden Mitteln der Pflegeversicherung und solchen von Land und Bund fest: "Die Pflegeversicherung guckt, was sie für die Person in einer speziellen Wohnung tun muss. Land und Bund betrachten nur die Wohnung und fördern eine Umgestaltung nach DIN-Vorschriften", stellt Müller fest. Deshalb scheitere zum Beispiel eine Badanpassung sehr oft an den Kosten, bedauert sie.

Ein weiteres Hindernis für bauliche Veränderungen seien oft die Vermieter. "Es gibt drei Gruppen von Hausbesitzern: Ganz wenige machen bei barrierefreien Renovierungen mit und sehen sie als Wertsteigerung für ihre Immobilien an. Dann gibt es Vermieter, die zahlen nichts hinzu und verlangen noch, dass alles so gemacht wird, wie sie es wollen. Die meisten wollen aber erst gar nichts machen, weil sie bei der aktuellen Situation auf dem Wohnungsmarkt ihre Immobilien auch so weitervermietet bekommen", stellt Beate Müller fest und spricht ein weiteres, großes Problem auf dem örtlichen Wohnungsmarkt an: "Barrierefreie Wohnungen mit Wohnberechtigungsschein sind in der Innenstadt von Grevenbroich absolute Mangelware." Für Senioren, die etwa vom Land aus ihren Häusern in kleine Wohnungen in die Stadt ziehen wollten, gäbe es aktuell fast nur hochpreisige Angebote im Betreuten Wohnen, beklagt die Sozialpädagogin.

Sie bedauert auch, dass beim Wohnungsbau immer nur die Innenstadt im Fokus stehe: "Es wäre doch viel besser, wenn die alten Menschen in ihren Stadtteilen wohnen bleiben könnten, wo sie auch ihre sozialen Bindungen haben. Dann müsste man dort aber auch an nötige Infrastruktur zum Beispiel mit Lebensmittelgeschäften und Ärzten aufwerten", sagt Müller. In Kapellen, Wevelinghoven oder Allrath sehe es da noch ganz gut aus: "Aber zum Beispiel in Barrenstein, da bröckelt es gewaltig. Da gibt es bald nichts mehr", bedauert die Wohnberaterin.

(NGZ)
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