Grevenbroich Wie aus Hunden kaltschnäuzige Spürnasen werden

Grevenbroich · Oberkommissarin Sonja Fischer bildet Vierbeiner zu Diensthunden aus - ein 24-Stunden-Job.

Hermann liebt die Couch wie kein Zweiter. Nach einem anstrengenden Diensttag fläzt er sich oft hundemüde auf die kuschelige Polstergarnitur und lässt es sich gut gehen. In einigen Monaten darf er sich voll und ganz seinem geliebten Sofa widmen - denn der Ruhestand ist für den sechs Jahre alten Polizeihund nicht mehr all zu weit entfernt. Sein Nachfolger steht schon schwanzwedelnd bereit. Er heißt Otis, ist zehn Monate alt und ebenfalls ein belgischer Schäferhund. Beide leben im Haus von Oberkommissarin Sonja Fischer, die Otis derzeit zum Schutzhund ausbildet.

"So richtig Feierabend ist nie, schließlich muss er auch lernen, wie er sich zuhause zu benehmen hat", sagt die 42-Jährige. Irgendwann soll Otis auch Rauschmittel aufspüren können - wie sein großer Kollege Hermann, der sozusagen der Promi unter den insgesamt sechs Polizeihunden im Rhein-Kreis ist.

Anfang Februar gelang ihm sein bisher größter Coup. Damals stellte er einen von zwei Männern, die sich auf dem Gelände eines Autohauses an der Moselstraße an einem Ford Mustang zu schaffen machten. Die Männer versuchten, im Schutz der Dunkelheit wegzulaufen - doch einer der beiden hatte die Rechnung ohne Hermann gemacht, der stolze 34 Kilogramm auf die Waage bringt und ganz schön flink auf den Pfoten ist. Laut der Polizei gab der gefasste 35-Jährige wenig später zu, dass er sowohl die Scheinwerfer als auch die Airbags des Mustangs entwenden wollte.

Solche filmreifen Manöver sind für Otis mit seinen zarten zehn Monaten noch mindestens eine Nummer zu groß. Zunächst galt es, Basics wie "Sitz" oder "Platz" zu erlernen - doch die klappen mittlerweile einwandfrei. Sonja Fischer hat keinen Grund zur Hektik. Sie will das Training mit Otis behutsam angehen. "Schließlich ist Hermann körperlich noch sehr fit, da herrscht keine Eile", sagt sie. Anderthalb bis zwei Jahre dauert die Ausbildung zum Diensthund. Dabei ist es von Vorteil, wenn der Halter den Hund schon früh zu sich holt. "Am besten nach acht bis zehn Wochen", sagt die 42-Jährige, die Otis als Welpe aus Schloß Holte-Stukenbrock zu sich nach Neuss holte. In der Stadt, die 20 Kilometer südöstlich von Bielefeld liegt, finden sämtliche Lehrgänge und Prüfungen für Hundeführer statt. Dort hat Sonja Fischer auch ihre Zertifizierung erhalten, nachdem sie die dreieinhalbmonatige Grundausbildung absolvierte.

Der Spaß steht beim Training mit den Vierbeinern an vorderster Stelle. "Sie lernen spielerisch. Ob sie etwas finden, ist ihnen völlig egal - ihnen geht es schließlich um die Belohnung", sagt Sonja Fischer lachend. Die besonderen Fähigkeiten der Tiere müssen jedoch immer wieder bestätigt werden - einmal im Jahr unterziehen sie sich einer Prüfung, in der unter anderem nachgewiesen werden muss, dass sie Herrchen oder Frauchen aufs Wort gehorchen. Auch wenn Sonja Fischer ein Profi ist - ganz ausblenden kann und will sie ihre menschliche Seite im oft harten Berufsalltag nicht. Die Angst, dass ihrem liebgewonnenen Hund etwas zustößt, begleitet sie. "Das ist aber sein Job. Ihm kann das genauso passieren wie mir", sagt die Polizistin.

Auch Hermann ist Profi. Jedenfalls solange, bis Otis seine Ausbildung abgeschlossen hat. Dann wartet die Couch - endlich.

(NGZ)
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