Grevenbroich Syrischer Künstler gibt Zeichnen nicht auf

Grevenbroich · In seiner Heimat ist Joseph Hilly ein anerkannter Karikaturist. Mit seiner Familie flüchtete er vor der "IS"-Terrormiliz nach Deutschland. Jetzt lebt er in Hülchrath - und hofft, dass er bald wieder als Künstler arbeiten kann.

 Flüchtete vor Krieg, Gewalt und Unterdrückung: Der syrische Künstler Joseph Hilly will sich in Deutschland eine neue Existenz aufbauen.

Flüchtete vor Krieg, Gewalt und Unterdrückung: Der syrische Künstler Joseph Hilly will sich in Deutschland eine neue Existenz aufbauen.

Foto: l. berns

Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten. So steht es in Artikel 5 des deutschen Grundgesetzes. In vielen anderen Ländern gelten solche Gesetze nicht. Im Gegenteil: Mit seinen surrealistischen Zeichnungen und Karikaturen, die sich durchaus kritisch religiösen, politischen oder gesellschaftlichen Problemen widmen, eckte Joseph Hilly (36) in seinem Heimatland Syrien an. Zumindest seitdem die Terrormiliz "Islamischer Staat" dort wütet. Die Dinge, die er aufs Papier bringt, akzeptieren die radikalen Islamisten nicht, weil sie westliche Lebensstile zeigen, religiöse Probleme in Form von Karikaturen thematisieren oder schlichtweg nicht ihren politischen Vorstellungen entsprechen.

Mit seiner Ehefrau Nour Al Betr flüchtete der anerkannte Künstler deshalb aus seiner Heimat, einem Vorort der syrischen Hauptstadt Damaskus. "Krieger des ,IS' sind in unser Dorf vorgedrungen und verkündeten über Lautsprecher, dass sie uns töten würden - unter anderem weil wir Christen sind. In einem unserer Nachbardörfer haben sie tatsächlich viele Bewohner umgebracht", berichtet der Künstler, der gemeinsam mit seiner Frau mit Hilfe eines Schleusers und 150 provisorisch verpackten, wertvollen Zeichnungen zu seinem Bruder in den Libanon flüchtete. "Dort haben wir die Bilder versteckt", erzählt seine Frau Nour Al Betr (31).

Doch friedlich konnten beide dort nicht leben: Sie hielten sich illegal im Libanon auf und wurden von den Truppen dort unter Druck gesetzt. "Außerdem haben sie die versteckten Bilder gefunden, durcheinandergebracht und in den Raum geworfen." Plötzlich gab es für beide kein Zurück mehr: Sie waren gezwungen, den Libanon binnen zehn Tagen zu verlassen - und in ihre ursprüngliche Heimat in Syrien konnten sie nicht mehr zurückkehren. Beide ließen die 150 Bilder zurück. "Sie bedeuten mir sehr viel. Die Werke sind mein Leben, das ist wie ein Kind, das ich zurücklasse", sagt Joseph Hilly, der mit seiner Frau von der Türkei aus mit einem einfachen Boot das Mittelmeer in Richtung Griechenland überquerte und schließlich nach Deutschland kam. Jetzt sind beide mit rund 15 weiteren Flüchtlingen in der Hülchrather Turnhalle untergebracht. Obwohl der ungewisse Verbleib seiner Werke ihn beunruhigt, schaut Joseph Hilly positiv in die Zukunft: Er ließ sich in der Flüchtlingsunterkunft Stifte und Papier geben und zeichnet jetzt in Hülcharth weiter. Außerdem zieht der Asylbewerber am Montag mit seiner Frau nach Frimmersdorf in eine kleine Wohnung. "Das ist der erste Schritt in eine gute Zukunft", sagt Nour Al Betr. Ihr Mann Joseph Hilly wünscht sich, eines Tages in Deutschland wieder dem Beruf des Künstlers nachgehen zu können. "Ich werde im Juni auch an einer Ausstellung in Grevenbroich teilnehmen", kündigt er an.

(cka)
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