Blick nach Jüchen Suche nach Wohnraum für Flüchtlinge

Grevenbroich · Bürgermeister Harald Zillikens und Sozialdezernentin Annette Gratz rechnen damit, dass mehr als 100 Flüchtlinge in diesem Jahr nach Jüchen kommen. Wenn nicht genügend Wohnungen angemietet werden können, werden Container aufgestellt.

 Planen diverse Szenarien für die Unterbringung von Flüchtlingen: Bürgermeister Harald Zillikens und Dezernentin Annette Gratz.

Planen diverse Szenarien für die Unterbringung von Flüchtlingen: Bürgermeister Harald Zillikens und Dezernentin Annette Gratz.

Foto: L. Berns

Herr Zillikens, in den Asylunterkünften gibt es kaum noch Platz für weitere Flüchtlinge. Was wollen Sie tun, damit die Menschen nicht auf der Straße stehen?

Harald Zillikens Wir versuchen, Wohnungen anzumieten, um Platz in den Asylunterkünften zu schaffen. Die Schwierigkeit: Wir wissen nicht, wann wir wie viele Menschen aufnehmen müssen. Zurzeit rechnen wir mit drei bis vier Flüchtlingen pro Woche. Warum uns Platz fehlt: Alle Menschen, die ausreisen müssten, werden nicht so schnell wie theoretisch möglich abgeschoben. Zurzeit planen wir parallel: Wir gehen jedem Wohnungsangebot nach, überprüfen eigene Immobilien auf ihre Nutzung als Unterkunft und bereiten die Planung für den Bau von Unterkünften vor.

Wird der frühere Plus-Markt umgebaut? Welche Alternativen gibt es mit Begegnungsstätten (Alte Schule Aldenhoven), Bürgerhäusern, Turnhallen oder Schulen?

Zillikens Wir favorisieren ganz klar eine dezentrale Unterbringung. Turnhallen, die teilweise in der Nähe von Schulen liegen, wollen wir nicht als Notunterkünfte nutzen. Auch den ehemaligen Lebensmittelmarkt an der Odenkirchener Straße haben wir überprüft. Ein Umbau wäre extrem aufwendig , er würde einen hohen sechsstelligen Betrag kosten. Das liegt an der notwendigen Ausstattung mit Fluchtwegen, für den Bandschutz und sanitären Einrichtungen. Sollte es zu Engpässen kommen, würden wir kurzfristig auch Bürgerhäuser als Notunterkünfte prüfen müssen.

Frau Gratz, eine weitere Option stellt die Anmietung von Wohnraum durch die Gemeindeverwaltung dar. Doch Sie brauchen mehr Wohnungen als derzeit angeboten werden. Warum ist diese Suche derart schwierig?

Annette Gratz Wir als Gemeindeverwaltung haben derzeit für 28 Menschen Wohnungen angemietet; weitere Verhandlungen laufen. Was die Vermieter wissen müssen: Sie schließen die Mietverträge nicht mit den Flüchtlingen, sondern mit der Verwaltung ab. Wichtig ist, dass der Wohnraum zu dem Nutzer passt. So darf die Wohnung nicht zu groß sein. Wenn ein Asylantrag akzeptiert wird, erhält derjenige auch weiter Leistungen. Dann sollte er die Kosten für die Wohnung aber bestreiten können und nicht wieder umziehen müssen. Das würde zusätzliche Ausgaben für einen Umzug verursachen.

Wo könnte ein Standort für Container sein?

Zillikens Wir überprüfen zurzeit rund zehn Flächen im Gemeindegebiet. Diese müssen allerdings bestimmte Voraussetzungen erfüllen, so sollten sie sich im Eigentum der Gemeinde befinden, zudem müssen etwa Planungs- und Baurecht bestehen, Versorgungsleitungen liegen, eine Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr gegeben sein. Wir werden die möglichen Standorte in der nächsten Sitzung des Rechts- und Sozialausschusses am 20. August vorstellen.

Wäre langfristig nicht der Bau einer neuen Unterkunft günstiger als die Miete von Containern?

Zillikens Ob Container oder ein Neubau preiswerter sind, ist ein Rechenexempel und hängt bei Containern auch von der Verwendungsdauer ab. Wenn die Genehmigungen vorliegen, können wir den Bau von Wohncontainern schneller realisieren. Der Bau einer Unterkunft würde etwa ein Jahr dauern.

Gratz Eine sinnvolle Alternative könnte es sein, wenn private Investoren Wohnungen errichten, die die Gemeinde dann für Flüchtlinge anmieten könnte.

Wie beurteilen Sie die Willkommenskultur in Jüchen?

Zillikens Wir streben auch deshalb eine dezentrale Unterbringung an, weil dann die Integration der Menschen einfacher ist. Allerdings gibt es auch Vorteile für eine zentrale Unterkunft. Der ,Runde Tisch' hat bereits vier Mal stattgefunden. Er wird sehr gut angenommen von Kirchen, von Vereinen wie dem türkisch-deutschen Freundeskreis oder dem tamilisch-deutschen Freundeskreis. Daraus sind zahlreiche Ideen entstanden, etwa das ,Cafe Welcome', die Deutschkurse der evangelischen Kirchengemeinde Kelzenberg und im katholischen Familienzentrum in Hochneukirch oder die Angebote der Sportvereine.

DANIELA BUSCHKAMP FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(NGZ)
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