Grevenbroich Phenol: Neubau wird komplett saniert

Grevenbroich · Um jedes Restrisiko auszuschließen, hat sich die Stadt für eine große Lösung entschieden: Der erst elf Jahre alte Gesamtschul-Neubau an der Parkstraße wird vollständig saniert. Das wird voraussichtlich etwa 950.000 Euro kosten.

 Bürgermeister Klaus Krützen und Sicherheits-Ingenieur Klaus Gähl in einer der zu sanierenden Klassen im Schulanbau an der Parkstraße.

Bürgermeister Klaus Krützen und Sicherheits-Ingenieur Klaus Gähl in einer der zu sanierenden Klassen im Schulanbau an der Parkstraße.

Foto: G. Salzburg

Nachdem aus den PVC-Fußböden der Schadstoff Phenol freigesetzt wurde, hat sich die Stadt für eine umfangreiche Sanierung des erst elf Jahre alten Schul-Neubaus an der Parkstraße entschieden. Und die wird teuer. Bürgermeister Klaus Krützen rechnet mit Kosten von etwa 950.000 Euro. "Das ist eine Hausnummer", sagt der Verwaltungschef: "Gut möglich, dass dieser Betrag noch nach oben gehen wird." Das werde sich im Laufe der Arbeiten herausstellen, die nach den "großen Ferien" beginnen. Voraussichtlich im Frühsommer 2018 soll das Sanierungsprojekt abgeschlossen werden.

Die Stadt hat sich für eine große Lösung entschieden, um das Phenol-Problem in dem Gebäude ein für allemal los zu werden. Das heißt: In den Klassen, Fluren und Treppenhäusern - insgesamt auf etwa 3500 Quadratmetern - werden die PVC-Fliesen herausgenommen und der komplette Estrich bis zum Rohbeton entfernt. "Ein hoher Aufwand", sagt Dirk Schwarz vom Gebäudemanagement der Stadt: "Aber gleichzeitig auch die sicherste und nachhaltigste Lösung."

Die Arbeiten werden in den nächsten Tagen ausgeschrieben - und damit auch das Bodenmaterial, das künftig in der Schule verlegt werden soll. "Wir werden Beläge der geringsten Emissionsklasse anfordern, und zwar solche, die mit dem ,Blauen Engel' markiert sind", betont Dezernent Claus Ropertz. Möglicherweise werden das Kautschukfliesen sein - "damit wurden gute Erfahrungen gemacht".

Das bedeute aber nicht, dass in dem Neubau seinerzeit minderwertiges Material verlegt worden sei. "Diese PVC-Böden sind auf Millionen von Quadratmetern in ganz Deutschland verlegt worden - und nichts ist passiert", sagt der städtische Sicherheits-Ingenieur Klaus Gähl. Unter anderem liegen die gleichen Fliesen auch in der katholischen Grundschule an der Graf-Kessel-Straße - und dort gebe es keinerlei Probleme.

In den vergangenen Monaten sind 40 Räume im Erd- und in den beiden Obergeschossen des Gesamtschul-Neubaus mehrfach untersucht worden. "Dabei wurden Phenolgehalte zwischen drei und 89 Mikrogramm je Kubikmeter Luft gemessen", sagt Gähl. In 13 Räumen wurde der Richtwert von 20 Mikrogramm überschritten, bei dem Vorsorge betrieben werden muss. Eine Gefahr für Schüler und Lehrer habe aber nicht bestanden, meint Siegfried Hauswirth vom Gesundheitsamt des Rhein-Kreises Neuss.

Der PVC-Boden ist zu 6,5 Prozent mit einer Kombination aus Flammschutzpräparaten und Weichmachern versehen. Wird der Boden einer zu lang anhaltenden Feuchtigkeit ausgesetzt, kann es zur Hydrolyse - zur Spaltung einer chemischen Verbindung durch die Reaktion mit Wasser - kommen, bei der Phenol freigesetzt wird. Dass die jährliche Grundreinigung die Ursache für das Problem an der Parkstraße sein könnte, schließt Gähl aber aus. Vielmehr vermutet er, dass der Estrich noch eine Restfeuchte enthielt, als die Fliesen verlegt wurden.

Dass dafür der Generalunternehmer des Schulanbaus noch haftbar gemacht werden kann - daran glaubt Claus Ropertz nicht: "Einerseits ist die Verjährungsfrist von fünf Jahren abgelaufen, andererseits müssten wir den Beweis erbringen, dass vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt wurde - ich sehe da keine Chance", sagt der Dezernent. Also müsse die Stadt zahlen. "Dafür müssen andere Projekte zurückgestellt werden, auch im schulischen Bereich", kündigt Bürgermeister Krützen an. Der geplante Internet-Ausbau in den Schulen sei davon aber nicht betroffen.

Die Schüler der Katholischen Hauptschule werden weiterhin im Altbau unterrichtet, der nicht von dem Phenol-Problem betroffen ist. Rund 220 Schüler der Wilhelm-von-Humboldt-Gesamtschule müssen weiterhin mit dem in der Realschule an der Bergheimer Straße geschaffenen Provisorium leben. Nach den Sommerferien werden weitere 161 Schüler hinzukommen.

"Der Unterricht läuft normal - und mittlerweile sind wir Meister im Kartonpacken", sagt Peter Jigalin. In der Dependance sieht der Gesamtschulleiter auch einen Vorteil: "In der Not steht man zusammen - diesen positiven Lerneffekt haben wir alle verinnerlicht."

(NGZ)
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