Grevenbroich New Yorker auf den Spuren seiner deutschen Vorfahren in der Stadt

Grevenbroich · "Die Luft ist so süß", schwärmt Neil Theise über den besonderen Geruch Grevenbroichs. Deshalb aber ist der New Yorker nicht in der Stadt. Auch nicht, um den Sonnenschein zu genießen. Sondern um im Stadtarchiv auf Spurensuche zu gehen.

 Neil Theise vorm Stadtarchiv, wo er Akten sichtete.

Neil Theise vorm Stadtarchiv, wo er Akten sichtete.

Foto: von Dolega

"Theisebach" heißen seine Vorfahren und sind Juden, wie er selbst. Sein Vater konnte sich 1939 mit einem Kindertransport nach England retten, ein Onkel überlebte in Polen, die Großeltern wurden in Riga ermordet. An ihre Geschichte erinnert ein Stolperstein. Und über dieses in den Boden eingelassene Erinnerungsstück sind Neil Theise - der "Bach" wurde kurzentschlossen beim Umzug der Eltern nach Amerika gestrichen - und Ulrich Herlitz, Initiator der Gedenkstein-Aktion, miteinander in Kontakt gekommen. Das war vor etwa drei Jahren.

"Der Stammbaum der Theisenbachs geht viele Jahrhunderte zurück", beim erstmaligen Besuch jetzt ging es vorrangig darum, Dokumente zu sichten und Einblicke zu gewinnen. Aber außer der akribischen Durchsicht im Stadtarchiv nahm sich Neil Theise ebenfalls Zeit für einen Besuch an der Käthe-Kollwitz-Gesamtschule. Bekanntermaßen ist diese die Keimzelle des umfassenden Projekts "Gegen das Vergessen" - und Berichte der Verwandtschaft von Zeitzeugen sagen viel mehr als Geschichtsbücher.

"Die jungen Leute waren sehr interessiert", freut sich der Amerikaner. Überhaupt stellt er fest, dass "die Deutschen sich mit ihrer Geschichte auseinander setzen". Seit den 80er-Jahren reist er immer mal nach Deutschland und besitzt wegen seiner deutschen Vorfahren auch einen entsprechenden Pass. Darauf ist er "stolz". Sein Vater allerdings war von der Idee damals nicht begeistert. Denn um das Dokument zu bekommen, mussten alte Papiere aus eben jener dunklen Phase des Nationalsozialismus ebenfalls vorgelegt werden.

Das Land, die Leute, vor allem Grevenbroich gefallen Neil Theise so gut, dass er nach der Stippvisite jetzt bald wiederkommen möchte. Für das kommende Jahr plant er einen Besuch mit seinem Bruder und dessen beiden Kindern.

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