Grevenbroich Neuer Pfarrer bringt Afrika nach Gustorf

Grevenbroich · Für Heiligabend plant Michael Diezun eine lebende Krippe mit Esel, Pony und Schafen. Ein Zirkus-Kamel wäre auch willkommen.

 Der neue Pfarrer Michael Diezun mit seiner Ehefrau Beryll, die er aus seiner vorherigen Gemeinde in Südafrika mit nach Gustorf gebracht hat.

Der neue Pfarrer Michael Diezun mit seiner Ehefrau Beryll, die er aus seiner vorherigen Gemeinde in Südafrika mit nach Gustorf gebracht hat.

Foto: Lothar Berns

Manchmal verspricht sich der neue Pfarrer für Gustorf und Neurath noch und fällt ins Englische zurück. Sechs Jahre lang war der 56-jährige Michael Diezun Pfarrer in Südafrika, bevor er nun "bis zur Rente", wie er es sich vornimmt, wieder nach Deutschland wollte. Am Sonntag wird er offiziell in der Christuskirche eingeführt. Seit etlichen Wochen haben er und vor allem auch seine südafrikanische Ehefrau Beryll sich aber schon in Gustorf eingelebt.

Und mit Diezun soll auch ganz viel Afrika ins Gemeindeleben in Gustorf, Neurath, Frimmersdorf, Gindorf, Allrath und Neuenhausen einfließen. Dafür hat er schon Pläne: "Christsein soll Spaß machen", sagt er und erzählt von seiner überaus lebendigen afrikanischen Gemeinde: "Da kamen 200 Leute in den Gottesdienst. In Gustorf sind es 20 bis 30 und in Neurath zwischen 30 und 40. Und in meinen ersten drei Wochen hatte ich hier schon elf Beerdigungen. Da habe ich gedacht, das fängt ja gut an, wenn ich schon gleich fünf Prozent meiner Gemeinde verliere", sagt der "Hüter" über 2700 Gemeindeglieder.

Doch Diezun will dem Negativtrend fleißig entgegenarbeiten, indem er Kirche und Glauben auch für junge Menschen ansprechend und sogar spannend gestalten möchte: "Heiligabend gibt es in Gustorf eine lebende Krippe. Einen Esel und ein Pony haben wir schon, Schafe suche ich noch und gerne auch ein Kamel, falls ein Zirkus in Grevenbroich dann gerade sein Winterquartier aufgeschlagen hat", erzählt Diezun. Maria, Josef, die Hirten und die Weisen aus dem Morgenland sollen Konfirmanden darstellen, nur als Jesuskind wird eine Puppe herhalten. Auch eine besondere Osternacht-Wache plant der neue Pfarrer bereits mit den Konfirmanden.

Diezun war übrigens mit 16 Jahren zunächst aus der Kirche ausgetreten - "Sie hatte mir nichts mehr zu sagen" -, um mit 20 Jahren nicht nur wieder einzutreten, sondern sogar sein geplantes Jurastudium für die Theologie aufzugeben. "Es war die Zeit der Friedenspolitik in der BRD, als Kanzler Helmut Schmidt sagte, mit der Bergpredigt kann man keine Politik machen," erinnert sich Diezun, der dadurch während einer nächtlichen Zugreise die Bergpredigt las. Und dies war für ihn das (!) Schlüsselerlebnis.

Zunächst gegen den Willen seiner Eltern studierte er evangelische Theologie in Bochum, Bern, Heidelberg, damals Ost- und West-Berlin, wurde Pfarrer in Essen, Wuppertal, Düsseldorf und Ratingen. Er war stellvertretender Superintendent im Kirchenkreis Düsseldorf-Mettmann und Referent im Landeskirchenamt in Düsseldorf. Afrika lernte der gebürtige Hamburger bereits bei zwei Reisen in den Kongo zu Partnergemeinden kennen.

Die vergangenen sechs Jahre in Südafrika prägten ihn nachhaltig. Was er dort von den Menschen habe lernen können, die viel weniger besitzen als alle, die im westlichen Wohlfahrtsnetz aufgefangen werden, will er weitergeben. "Die Menschen sind überall auf der Welt gleich", sagt er aber auch. Deshalb freue er sich auch so über die tolerante und offene Aufnahme seiner schwarzafrikanischen Frau in Gustorf, der mit großer Freundlichkeit auch bei ihren Bemühungen, Deutsch zu lernen, begegnet werde.

(NGZ)
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