Grevenbroich Monografie erinnert an Max von der Porten

Grevenbroich · 1879 als "Moses" von der Porten geboren, beriet der Visionär als Referent für Metallwirtschaft das Kriegsministerium.

 Fröhliche Arbeiter in der Erftwerk AG, deren Aufsichtsratsvorsitzender Max von der Porten war.

Fröhliche Arbeiter in der Erftwerk AG, deren Aufsichtsratsvorsitzender Max von der Porten war.

Foto: Hydro

Ulrich Herlitz vom Geschichtsverein arbeitet zurzeit an den Biografien von Wirtschaftspersönlichkeiten mit jüdischen Wurzeln, die rund um das Erftwerk tätig waren. Die Lebensläufe sollen in Form einer kleinen Monografie zur Geschichte der Südstadt veröffentlicht werden. Intensiv recherchiert hat Herlitz vor allem in Sachen Max von der Porten, dem in der Südstadt eine Straße gewidmet wurde.

"Ein interessanter Mann", berichtet der Autor. "Und ein Visionär obendrein." Von der Porten war Aufsichtsratsvorsitzender der Erftwerk AG, Generaldirektor der Vereinigten Aluminium-Werke (VAW) - und für seine Beschäftigten kam er gleich nach dem lieben Gott. "Für sie war er der Allgewaltige der VAW und thronte in Berlin", sagt Herlitz.

Wie weit von der Porten seiner Zeit voraus war, schildert etwa eine Anekdote aus den 20er Jahren. Um zu beweisen, dass Leichtmetall auch für den Autobau verwertbar ist, ließ sich der Generaldirektor einen offenen Maybach nur aus Aluminium fertigen. Mit dem silberglänzenden Einzelstück sorgte er nicht nur auf dem Ku'damm, sondern auch bei seiner seltenen Besuchen in Grevenbroich für Aufsehen.

Max von der Porten wurde 1879 unter dem Namen Moses von der Porten geboren. Nach einer kaufmännischen Lehre erlangte er 1909 Prokura bei der in Berlin ansässigen Otavi Minen- und Eisenbahngesellschaft, die sich kolonialen Projekten in Afrika widmete. Der Erste Weltkrieg bot ihm eine weitere Perspektive: Von der Porten wechselte als Referent für Metallwirtschaft in das preußische Kriegsministerium.

1919 wurde für Moses von der Porten ein einschneidendes Jahr. Der getaufte evangelische Christ legte seinen jüdischen Namen ab und nannte sich fortan Moritz von der Porten. "Die Erfahrungen vieler deutscher Juden, dass die ,Taufe die Eintrittskarte in die Gesellschaft' war, traf wohl auch auf ihn zu", sagt Ulrich Herlitz. Nachdem er 1931 die preußische Staatsbürgerschaft erlangt hatte, änderte von der Porten seinen Vornamen noch einmal in Max. "Das brachte ihm später in Wirtschaftskreisen den Spitznamen ,Max und Moritz' ein", so Herlitz.

1920 wurde von der Porten Generaldirektor der VAW, die auch die Mehrheitsanteile an der Erftwerk AG hielt. Bereits unmittelbar nach der Machtergreifung Hitlers geriet Max von der Porten unter den Verfolgungsdruck des neuen Regimes. "Obwohl evangelischer Christ, wurde er unmittelbar nach dem Boykott jüdischer Geschäfte als ,getaufter Rassejude' denunziert und aus seinen vielen Wirtschaftsposten verdrängt, auch aus den Gremien von Erftwerk und VAW", sagt Herlitz.

Max von der Porten verließ Deutschland. 1933 gelang es ihm, sich in die Türkei abzusetzen. Dort war er von 1934 bis März 1939 als Chefberater der türkischen Regierung in Wirtschaftsfragen tätig. "Der wirtschaftliche Aufstieg in der Türkei ist zu einem wesentlichen Teil auch von der Porten zu verdanken", meint Ulrich Herlitz. Ende 1940 emigrierte Max von der Porten in die Vereinigten Staaten, er starb am 6. September 1943 in New York.

"Bis zum Untergang von VAW im Jahr 2002 fanden Persönlichkeit und Wirken von der Portens keine entsprechende Würdigung im Unternehmen", sagt Ulrich Herlitz. Zwar habe der Historiker Peter-Josef Belli im Jahr 2012 erstmals das Verfolgungsschicksal des Wirtschaftsbosses aufgegriffen, doch dessen Erfolgsgeschichte sei bis heute eher unbekannt. Die Monographie soll das nun ändern.

Immerhin: Die Stadt habe schon sehr früh mit einem Straßennamen an Max von der Porten erinnert. Nicht nur, weil das Überleben des Erftwerks in den schwierigen Zeiten der Weimarer Republik sicherte, meint Herlitz: "Auch, weil die Straßen in diesem jungen, aus der Erftwerksiedlung hervorgegangenen Stadtteil ganz bewusst nach demokratischen, oppositionellen und verfolgten Persönlichkeiten benannt wurden."

(NGZ)
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