Grevenbroich Mehr Bürger beantragen Waffenscheine

Grevenbroich · Seit Anfang 2015 legen sich immer mehr Menschen frei verkäufliche Waffen zu oder beantragen den Kleinen Waffenschein. Die Übergriffe auf Frauen in der Silvesternacht treiben die Nachfrage nach Pfefferspray nach oben.

Bislang waren es unter anderem steigende Einbruchszahlen, jetzt gibt es auch "Köln" und die Übergriffe auf Frauen in der Silvesternacht. "Die Konsequenz daraus ist Angst", folgert Paul Kraus, der in dem Fahrradfachgeschäft, das er gemeinsam mit seinem Bruder in der Grevenbroicher Fußgängerzone führt, auch frei verkäufliche "Selbstverteidigungsmittel" anbietet. "Alleine am Samstag haben wir hier mehr als 70 Gassprays verkauft", sagt er. Die Kunden, betont Kraus, kämen mitunter aus Neuss, Köln und Düsseldorf, weil dort die Lager bereits leergekauft seien. "Vor allem Frauen besorgen sich ,was' für die Handtasche."

Wie die Kundin, die an diesem Vormittag das Ladenlokal an der Kölner Straße betritt und nach zwei Pfeffersprays fragt. "Die sind für meine Töchter", sagt sie. "Die müssen jeden Tag mit dem Zug fahren, vom Düsseldorfer Hauptbahnhof aus." Nach den Ereignissen in der Silversternacht gebe ihr die Gewissheit, dass sich die Mädchen im Notfall gegen Angreifer verteidigen können, ein besseres Gefühl, sagt die Mutter. Ihren Namen möchte sie lieber nicht in der Zeitung lesen. Paul Kraus klärt über die Bedienung der zwei neu erstandenen "Fläschchen Sicherheit" auf. "Das Benutzen von Pfefferspray ist nur in Notwehrsituationen erlaubt", sagt er. "Darauf muss ich jeden Kunden hinweisen."

Der Handel mit Sicherheitstechnik ist für den Grevenbroicher grundsätzlich kein einfaches Geld-gegen-Ware-Geschäft. Welches Verteidigungsmittel ist für den Kunden am besten geeignet? Wie bedient man es? Welchen Effekt hat es auf den Angreifer? All diese Fragen müssen geklärt sein, bevor eine Waffe über den Ladentisch geht. "Viele Kunden wissen beispielsweise nicht, dass man Pfefferspray nur gegen aggressive Tiere einsetzen darf, CS-Gas dagegen auch gegen Menschen, oder dass der Einsatz von Reizgas bei Personen unter Drogeneinfluss einen geringeren Effekt hat", sagt Paul Kraus.

Ein schwindendes subjektives Sicherheitsgefühl lässt sich derweil auch an einer anderen Tatsache ablesen: Seit Anfang des vergangenen Jahres beantragen immer mehr Bürger im Rhein-Kreis Neuss den sogenannten Kleinen Waffenschein. Während es 2014 noch 100 Menschen waren, gab es 2015 bereits 163 Anträge. Die Polizei spricht von einem "deutlichen Anstieg": "Alleine in den ersten Tagen des neuen Jahres sind schon 20 Anträge eingegangen", sagt Polizei-Sprecher Hartmut Batz.

Der Kleine Waffenschein berechtigt grundsätzlich zum Führen von ab 18 Jahren frei erhältlichen, geprüften Signal-, Reizstoff- oder Schreckschusswaffen. "Das heißt aber nicht, dass Sprays, Elektroschocker, Gas- und Schreckschusspistole auch jederzeit benutzt werden dürfen", betont Batz. "Das ist - auch mit Kleinem Waffenschein - nur in Notwehr erlaubt und ansonsten strafbar. Und man darf sie nicht überall bei sich tragen. Bei öffentlichen Versammlungen sowie auf dem Weg dorthin sind diese Gegenstände verboten."

(NGZ)
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