Grevenbroich Landwirt pflanzt Gemüse zum Gratisernten

Grevenbroich · Gemüse am Wegesrand ernten: Willi Kremer-Schillings und sein Sohn David praktizieren "Urban farming".

"Urban farming" ist als Begriff eher neueren Datums, die zugrunde liegende Idee ist fast ein Jahrhundert alt. Aufgegriffen hat sie jetzt eine Arbeitsgruppe Rommerskirchener Bürger. Bei der urbanen Landwirtschaft geht es um die Nutzung von Land in Ballungsräumen oder deren Peripherie zum Anbau von Lebensmitteln. Umgesetzt hat den Grundgedanken bereits vorab David Kremer-Schillings: Entlang des Nettesheimer Wegs hat er im April auf dem Gelände des neuen Baugebiets am Steinbrink verschiedene Tomatensporten und Speisekürbisse gepflanzt und gehegt. "Diese Früchte stehen nun allen Bürgern aus Rommerskirchen zur Verfügung", sagt sein Vater, der Eckumer Landwirt Willi Kremer-Schillings. In Absprache mit den Archäologen haben er und sein Sohn auf dem bereits bearbeiteten Gebiet auch eine Wildblumenmischung ausgesät, die im Herbst den Bienen als Futter dienen soll. "Die Bienen des ortsansässigen Imkers stehen auf der Weide gegenüber den Steinbrückerhof", sagt dessen Eigentümer Kremer Schillings.

Den Ackerstreifen zu bepflanzen und mit Tomaten und Kürbissen zu bepflanzen, sei "eine spontane Idee" gewesen, erzählt der promovierte Agrarwissenschaftler. "Die Leute sollen ihren Spaß daran haben", beschreibt er die Motivation, so etwas wie ein Stück mittelalterlicher Allmende wieder aufleben zu lassen. Nicht für die Allgemeinheit gedacht, sondern für den Klosterladen in Knechtsteden bestimmt waren dagegen etwa 50 Kürbispflanzen. Die haben Willi Kremer-Schillungs und sein Sohn hinter dem Garten des Steinbrückerhofs gleich neben der Gillbachaue gepflanzt und im Sommer getränkt. Inzwischen beginnen die Kürbisse rot zu werden, doch nach ihrer Ernte werden keineswegs alle gepflanzen Exemplare in Knechtsteden landen. "Schon jetzt haben sich Spaziergänger, die in der Gillbachaue unterwegs waren, an diesen in Sichtweite des Hofs stehenden Kürbissen bedient", erzählt Kremer-Schillings. Noch größer als die Verärgerung ist bei ihm womöglich das blanke Erstaunen über die Unverfrorenheit mancher Zeitgenossen. "Es handelte sich um Bürger unserer Gemeinde. Dabei sind sie nicht rot geworden wie die Kürbisse", sagt der promovierte Agrarwissenschaftler. Ähnliche Vorfälle, wo gezielt auf den Feldern "gewildert" wird, sind nach seinen Beobachtungen längst kein Einzelfall mehr - "armes Deutschland", lautet sein sarkastischer Kommentar. Verärgert ist auch Gertrud Kremer Schillings, die den kleinen Garten in Höhe des Wäldchens am Steinbrücker Hof pflegt. Die 92-Jährige, die im Januar mit der Ehrengabe der Gemeinde ausgezeichnet wurde, findet dort vermehrt die Hinterlassenschaften von Hunden - für die eigentlich in der Gillbachauze viel Platz wäre. Willi Kremer-Schillings und sein Sohn wollen sich indes nicht "von diesen armseligen Menschen beirren lassen" Für den Herbst planen die beiden, in der Gillbachaue Beerensträucher zu pflanzen. "Vielleicht heißt es ja dann im nächsten Sommer: Johannisbeeren für alle", zeigt sich Kremer- Schillings unverdrossen.

(NGZ)
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