Grevenbroich Krützen will den Rat digitalisieren

Grevenbroich · Monat für Monat werden tausende Seiten Papier für die Grevenbroicher Politiker gedruckt. Zu viel, sagt der Bürgermeister. Sein Vorschlag: Der Rat soll auf Tablet-Computer umsteigen.

 Der Stadtrat in Grevenbroich soll Ratsunterlagen mit dem Tablet sichten un bearbeiten.

Der Stadtrat in Grevenbroich soll Ratsunterlagen mit dem Tablet sichten un bearbeiten.

Foto: Angelika Warmuth, dpa

Die Unterlage für die letzte Ratssitzung in diesem Jahr ist wieder mal ein echtes Schwergewicht: Knapp 1200 Seiten dick, wurde sie jetzt für die 50 Politiker und die Mitglieder des Verwaltungsvorstandes einkuvertiert. 70 Exemplare sind in großen Umschlägen verschickt worden, mit einem Umfang von insgesamt 84.000 Seiten. Nur für eine Sitzung, wohlgemerkt. Monatlich kommen noch viele tausend Seiten hinzu, wenn die Fachausschüsse tagen.

"Die Frage ist, ob das alles auch von jedem Kommunalpolitiker gelesen wird", sagt Bürgermeister Klaus Krützen. Seine Vermutung: Ein großer Teil des Papierberges namens Tagesordnung wird regelmäßig für die Blaue Tonne produziert. Was ärgerlich sei, denn Druck und Versand der Unterlagen seien relativ kostspielig. Und Krützen überlegt nun, wie sich die notorisch klamme Stadt dieses Geld sparen kann. Seine Idee: Der Rat muss digitaler werden.

Anfang des nächsten Jahres will sich der Bürgermeister mit den Mitgliedern des Ältestenrates zusammensetzen und ihnen vorschlagen, von den unhandlichen und oftmals schweren Unterlagen auf leichte Tablet-Computer umzusteigen. Die Stadt könne diese Geräte leasen und jedem Ratspolitiker zur Verfügung stellen. "Dahinter stehen keine utopischen Kosten", meint der Bürgermeister. Und weil die Ausgaben für Papier, Druck und Versand wegfallen würden, könne sich rasch ein Amortisierungs-Effekt einstellen.

Über das Ratsinformationssystem der Stadt können schon heute alle Sitzungsunterlagen bequem digital aufgerufen werden. Doch kaum ein Politiker nutzt dieses Angebot - der größte Teil schwört noch auf die gute alte Papierform. "Vielleicht fühlen sich manche unsicher im Umgang mit Tablets", überlegt Krützen. "Aber das ist keine Hexerei. Notfalls können auch Kurse angeboten werden."

Mit seinem Vorschlag rennt der Bürgermeister bei Wolfgang Kaiser offene Türen ein. "Ich finde diesen Weg sehr gut - denn zu Hause stapeln sich die Unterlagen", sagt der CDU-Fraktionschef. Allerdings gibt er zu bedenken, dass nicht jedes Ratsmitglied dazu "genötigt" werden könne, ein Tablet zu nutzen. "Kollegen, die das ablehnen, sollten weiterhin Papier bekommen", sagt Kaiser. Der Umstieg auf die tragbaren Computer müsse seiner Meinung nach einhergehen mit einer Überarbeitung des Ratsinformationssystems, das einerseits sehr umständlich zu bedienen, andererseits nicht tagesaktuell sei. Und PDF-Dateien ließen sich darin nicht einmal bearbeiten. Kaisers Tipp an Krützen: "Mal bei der Stadt Meerbusch informieren, da läuft das super."

FDP-Fraktionschef Markus Schumacher begrüßt Krützens Vorschlag, ist aber skeptisch. "Die Ratsmitglieder sind schon einmal schriftlich danach gefragt worden, ob sie Tablets nutzen möchten, doch viele haben darauf nicht mal geantwortet", sagt er. Schumacher ist zudem der Meinung, dass neben dem Rat auch die Verwaltung digitaler werden sollte. "Momentan sieht es so aus, dass im Rathaus nicht einmal darüber nachgedacht wird, wie viele Verwaltungsvorgänge einfacher, schneller und besser gestaltet werden könnte." Wiljo Piel

(NGZ)
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