Grevenbroich Kirchenchor von St. Mauri hört nach 144 Jahren auf

Grevenbroich · Es mangelt an stimmkräftigem Nachwuchs. Weil der Hemmerdener Chor nicht mehr stimmgewaltig ist, löst er sich auf.

 Josef und Elvira Steinwartz mit Ursula Beckmann und Christel Mühl lösen Chor St. Mauri auf.

Josef und Elvira Steinwartz mit Ursula Beckmann und Christel Mühl lösen Chor St. Mauri auf.

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1873 gegründet, sagt der Kirchenchor St. Mauri jetzt leise Servus. "Wir haben uns das reiflich überlegt", erklärt Elvira Steinwartz, eines der verbliebenden Mitglieder. "Wir sind zusammen alt geworden", ergänzt Christel Mühl, die 60 Jahre mit von der Partie war. "Es ist eine traurige Entscheidung, aber es geht nicht anders", sagen beide.

In den vergangenen Jahren ist es der Chorgemeinschaft, die damals, als Elvira und Ehemann Josef Steinwartz sowie die Freundinnen Ursula Beckmann und Christel Mühl junge Leute waren, aus 60 Sängern bestand, nicht mehr gelungen, stimmgewaltige junge Sänger zu finden. Am Ende war der einst so stolze Kirchenchor nur noch ein kleines Häufchen von 19 Aktiven.

Chorgesang ist mit Mannschaftssport vergleichbar, alle müssen gemeinsam trainieren, Positionen sollten ähnlich stark besetzt sein. "Sonst lässt sich die große Literatur nicht mehr singen", sagt Ursula Beckmann . Und davon hat St. Mauri viel interpretiert. Mozarts "Krönungsmesse" stand auf dem Programm, aber auch Werke von Haydn und Händel.

Hans-Egon Prinz, Kantor und mehr als 40 Jahre Dirigent des Kirchenchors, hat intensiv mit seinen Sängern gearbeitet. "Hätte er uns nachts um 2 Uhr angerufen, hätten wir unsere Noten gekonnt", erinnert sich Christel Mühl, wie diszipliniert gearbeitet wurde. Aber mit zunehmendem Alter lasse die Tragfähigkeit einer Stimme nach, da lasse sich nicht mehr alles und gleich gar nicht einfach vom Blatt wegsingen. "Und auf Qualität haben wir immer geachtet", sagen die vier.

Freudestrahlend erinnern sich die Ex-Maurianer auch an Auftritten mit befreundeten Orchestern und Unterstützung von Opernchören - und vor allem an die gemeinsamen Reisen. 1974 ging es mit drei Bussen nach Paris. "Gänsehautgefühl pur" sei der Auftritt in der Pfarrkirche Sainte-Marie-Madeleine, unvergesslich der Abstecher in Amsterdams "Papageienkirche", wie sie die Petrus-und-Paulus-Kirche nennen. Nach Baden-Baden ging es, und und Brügge, das Chorleben war "eine große Bereicherung".

Als Backfische, wie Teenager zu ihrer Zeit genannt wurden, in den Chor eingetreten, sind sie lebenslänglich verbunden. "Letztlich haben wir uns hier kennen und lieben gelernt", erinnern sich Elvira und Jupp Steinwartz, wie es damals zwischen Probe und dem anschließenden Einkehrschwung in die Gaststätte ("Um den Chordurst zu löschen") gefunkt hat - vor nunmehr 43 Jahren. "Vor Weihnachten war immer die Standardfrage in der Familie: Wann singt ihr?", erinnern sich Christel Mühl und Ursula Beckmann daran, wie das Familienfest in Abstimmung mit den Chorauftritten gefeiert wurde.

Das alles ist nun passé, gesungen wird - natürlich unterm Weihnachtsbaum. "Das hat Tradition, das ist ein Muss", sind sich alle einig. Und in Zukunft bleibt man einander gut.

Die Ex-Sänger wollen sich ein Mal monatlich mittwochs zum Stammtisch wiedersehen. "Wir waren eine eingeschworene Gemeinschaft", beschreibt sich die "verschworene Gruppe" und blickt lustvoll auf "schöne Jahre" zurück.

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