Grevenbroich Kies-Spülbecken ist Amphibien-Paradies
Grevenbroich · Das frühere Becken des Frimmersdorfer Kieswerks ist ein ökologisch wertvoller Lebensraum für Kröten, Frösche, Insekten und Vögel geworden. Auf acht Hektar sind Sand, Steppe, flache Pfützen und tiefes Gewässer zu finden.
Ein gelbes Schild warnt davor, hinter den Zaun zu gehen: Lebensgefahr. Während für Menschen jeder Schritt rund um das frühere Absetzbecken des Kieswerk Frimmersdorf ein Risiko birgt, fühlen sich Vögel, Amphibien und Insekten dort wohl. Sogar für Gregor Esser (44), Rekultivierungsplaner bei RWE Power, ist jeder Besuch auf der rund acht Hektar großen Fläche ein Erlebnis. Auch wenn die Reiher typisch für die Gegend sind: "So viele habe ich hier noch nie gesehen", ruft er überrascht, als sich eine Kolonie der grauen Vögel aus dem Ufergrün in den azurblauen Himmel erhebt.
Für Eßer und seine Kollgen hat sich die rekultivierte Fläche des früheren Tagebau Garzweilers zu einem wertvollen Biotop entwickelt - besonders für Amphibien wie die Kreuz- oder Wechselkröte. Beide stehen auf der "Roten Liste" der gefährdeten Arten - beide haben hier einen neuen Lebensraum gefunden. Ebenso wie die Menschen ihre Dörfer für den Braunkohleabbau verlassen mussten, wurden auch Tiere umgesiedelt. Dadurch soll verhindert werden, dass der Tagebau den Tieren den Lebensraum nimmt.
Deshalb wurden ausgewachsene Kröten, Jungtiere, Laich und Larven zu Hunderten mit Handfängern oder im Kescher aufgesammelt und zu ihrem Umsiedlungssee im ehemaligen Absetzbecken gebracht. "Bei der Anlage des Sees haben wir bewusst die steile Böschung beibehalten" sagt Gregor Eßer. Auch der Uferbereich sei für die Amphibien optimal gestaltet worden. Sie brauchen Flachwasserzonen, die sich in der direkten Sonne aufheizen. In dem aufgewärmten Wasser finden Laich und Kaulquappen ideale Bedingungen vor und entwickeln sich schneller.
Doch nicht nur Amphibien fühlen sich auf dem weitläufigen Areal wohl, zu dem eine tiefe Wasserfläche, aber auch flache Pfützen, Gebüsch, Steppe, Schotter und Sand gehören. "Für uns hat sich diese Fläche als ein echter Glücksfall erwiesen, sie ist ein seltener Trittstein", so Eßer. Wie in einem Mosaik grenzen dort unterschiedliche Landschaftsformen aneinander. Neben Amphibien wie etwa dem Kleinen Wasserfrosch und seinen Unterarten ziehen Nilgänse auf dem Wasser ihre Bahnen, rufen Kiebitze und Flußregenpfeifer, kreisen Mauersegler, stolzieren Teichhühner, flattern Schmetterlinge und Insekten, summen Wildbienen.
Auch in diesem Jahr wird die Tierwelt im rekultivierten Tagebau weiter überwacht (Artenschutz-Monitoring). So werden die Experten etwa nach Exemplaren des Schmetterlings Nachtkerzenschwärmers oder der Haselmaus suchen. Weiterhin sollen Nisthilfen für Turmfalken, Waldohreule und Dohlen oder Quartierhilfen für Zwergfledermäuse installiert werden.
Noch gehört die umzäunte Fläche nur Pflanzen und Tieren. Und Gregor Eßer zufolge wird es dauern, bis auch den Menschen Zutritt gewährt wird. Das hängt mit der Stabilität des Untergrunds zusammen. Zwar ist in diesem Bereich Erde bis zu fünf Meter tief verfüllt worden. Dennoch ist der Boden noch nicht an allen Stellen stabil.