Grevenbroich Geißbock im Herzen, die Domstadt im Sinn

Grevenbroich · Sprichwörtlich bekommt man ja so manches von den Eltern in die Wiege gelegt. Talent, Aussehen und den Charakter. Norbert Nürnberg hat vor allem eins mit der Muttermilch aufgesogen: die unerschütterliche Liebe zu Köln.

 "Hennes" hält Norbert Nürnberg nicht bloß als Kuscheltier im Arm. Das Maskottchen hat er sich auch auf seinen Unterschenkel tätowieren lassen.

"Hennes" hält Norbert Nürnberg nicht bloß als Kuscheltier im Arm. Das Maskottchen hat er sich auch auf seinen Unterschenkel tätowieren lassen.

Foto: L. Berns

"Mindestens zwei Mal in der Woche sind wir in Köln", sagt der Grevenbroicher über sich und seine Freundin Agnes. "Theater, Konzerte - wir nehmen alles mit." Es sei denn, der 1. FC Köln hat ein Heimspiel, dann geht nichts anderes. Denn der 60-Jährige ist erklärter Fan des Clubs. An Spieler wie Heinz Flohe und Wolfgang Overath erinnert er sich stolz. Geißbock "Hennes", das schnucklige Maskottchen, steht nicht bloß in Plüsch bereit oder spendet als stilisierte Lampe Licht. Norbert Nürnberg hat sich das Emblem auch in den linken Unterschenkel tätowieren lassen. Drei Stunden hat es gedauert, sich das Motiv stechen zu lassen, geblutet hat es auch, "das war nicht so angenehm. Aber diese Liebe ist eben ewig." Unnötig zu erwähnen, dass der eingefleischte Fan seine Urlaube exakt nach dem Spielplan ausrichtet.

Was ein echter FC-Fan ist, der ist auch leidvolle Erfahrungen gewöhnt. Beispielsweise Abstiege in die Zweitklassigkeit. "Mit Christoph Daum wollten wir wieder aufsteigen", erinnert er sich an eine Phase von exakt zehn Jahren. Am 15. April 2007 hätte das Team beim Heimspiel gegen Freiburg alles glatt ziehen können. "Wir haben 0:3 verloren. Der Traum vom Wiederaufstieg war dahin." In der Kneipe des Vertrauens aber schöpften er und vier andere Fußballkumpels neuen Mut. "Jetzt erst recht!", kritzelten sie punkt 17 Uhr auf einen Bierdeckel - und beschlossen, ihre Treue mit der Gründung eines eigenen Fanclubs gleichen Namens zu dokumentieren. Was mit fünf Männern anfing, zählt inzwischen etwa 130 Mitglieder . Die älteste darunter ist übrigens Mama Franziska Nürnberg, 88 Jahre jung. Norbert Nürnberg, im Brotberuf selbstständiger Buchhalter, ist Geschäftsführer "und Mädchen für alles. Das mache ich gerne, obwohl es zeitintensiv ist."

Seine zweitgrößte Leidenschaft ist die Musik. Robert Cray, B.B. King, Eric Clapton und Sting heißen seine Helden. Aber er mag auch die Lokalmatadoren der Domstadt. "Bei einem der Kneipenkonzerte traf ich Jürgen Zeltinger." Dessen bekannteste Hymne lautet "Müngerstorfer Stadion" und laut Eigenaussage ist er ein "Asi mit Niveau/ Lese Lyrik auf dem Klo". Und weil Nürnberg nicht bloß so etwas wie das Gedächtnis des 1. FC, sondern vor allem alles andere als auf den Mund gefallen ist, sprach er den beleibten Musiker direkt an. "Hallo Jürgen. Ich bin Norbert." Ob er nicht mal auf ein Wohnzimmerkonzert nach Grevenbroich kommen wollte. Klingt verrückt, klappte aber prompt: Am 12. Mai rockt Zeltinger nun die gute Stube bei Irene und Ulrich Neumann. "Wir sind total musikbegeistert", sagen die Eheleute - und etwa 52 Konzertbesuche im vergangenen Jahr bestätigen das. Vor zwei Jahren gastierten die Hardrocker von Black Remains bereits zwischen Couch und Sessel. "Dass der Norbert den Zeltinger zu uns holt, das hätten wir nicht gedacht. Wir freuen uns wahnsinnig!" Freunde und Kinder sind eingeladen, beim knapp dreistündigen Konzert mitzufeiern. An der Wunschliste in Sachen Zugabe wird gerade gefeilt. Die Lieblingsmarke des vom Musiker bevorzugten Weißweins steht bereits kalt.

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