Grevenbroich Fast 50 Haushalte ohne Telefonanschluss

Grevenbroich · Seit Monaten müssen Mieter im Kapellener Neubaugebiet auf Festnetztelefonie und Internet verzichten. In ihren Wohnungen fehlt der Anschluss der Telekom. Der Hauseigentümer hat einen Rechtsanwalt eingeschaltet.

Was die Häuser betrifft, sind sich die Mieter der 47 Wohnungen einig: Am alten Stellwerk 2-12 in Kapellen lässt es sich prima leben. Die Lage ist ruhig, die Wohnungen bieten reichlich Platz, die Nachbarn sind freundlich. Nur eines trübt die Freude am neuen Zuhause: Es hat keinen Telefonanschluss. Über das Festnetz telefonieren, im Internet surfen? Darauf warten die Bewohner seit Monaten vergeblich.

"Ein Ding der Unmöglichkeit", meint Mieterin Claudia Heppner. "Die Ersten von uns sind vor einem halben Jahr in die neuen Wohnungen eingezogen - seitdem hoffen wir täglich darauf, dass die Telekom endlich tätig wird und uns mit der Außenwelt verbindet." Ein Festnetzanschluss sei vor allem wichtig für die vielen älteren Bewohner, die weder ein Handy, geschweige denn ein Smartphone besitzen. "Und die - falls mal etwas passiert - die Hausnotruftaste an ihren Telefonen nicht drücken können, weil sie halt ohne Anschluss nicht funktioniert", schildert Silvia Praetzas-Schwittay, deren fast 90 Jahre alte, schwer behinderte Mutter in dem Haus lebt.

Der Ärger dauert nun schon seit Monaten an. Und das trifft Mieterin Shaperai Hasan besonders heftig. Die 70-Jährige ist Anfang Juli nach Kapellen gezogen und vermisst seitdem schmerzlich ihren gewohnten Internetanschluss. "Über den habe ich bisher immer Kontakt zu meiner Tochter gehalten, die im Ausland lebt - das ist nun seit langer Zeit nicht mehr möglich", bedauert die Seniorin. Und Zoya Ebrhahimi (40), die als Journalistin arbeitet und einen Online-Job hat, muss ebenfalls in die Röhre gucken - oder sich mit dem Smartphone behelfen.

Ein Schicksal, das sie mit Kornelia Durst teilt. Die Fachärztin für Allgemeinmedizin hat sich am 1. September am alten Stellwerk niedergelassen - und sie wartet wie alle anderen darauf, endlich einen Festnetzanschluss zu bekommen. "Der ist für eine Arztpraxis wichtig", sagt Durst, die Einnahmeverluste beklagt. Zurzeit behilft sich ihr Team notdürftig mit Prepaid-Handys und einem privaten LTE-Router, um professionell arbeiten zu können.

Den Anschluss anmelden muss der Eigentümer der Gebäude. In diesem Fall ist das die Wohnungsverwaltung Emrich in Bergheim, die bei der magentafarbenen Telekom allmählich rot sieht, wie Sprecher Wolfgang Scheider sagt. "Denn schon seit August vergangenen Jahres versuchen wir, einen Anschluss für die Immobilie zu bekommen - allerdings ohne Ergebnis." Um der Sache Nachdruck zu verleihen, habe das Unternehmen längst eine Rechtsanwaltskanzlei eingeschaltet. "Vier Schreiben mit der Aufforderung, die Immobilien endlich an das Telefonnetz anzuschließen, sind seit August 2016 bereits rausgegangen - doch die Telekom reagiert einfach nicht", beklagt Scheider. "So etwas haben wir noch nie erlebt."

Wolfgang Scheider vermutet, "dass in der Gegend vielleicht irgendeine Infrastruktur nicht passt", so dass die Telekom möglicherweise ein neues Kabel durch das komplette Neubaugebiet ziehen müsse - was erhebliche Kosten bedeute. "Doch das ist Spekulation", sagt der Vertreter der Wohnungsverwaltung.

Wie geht es weiter am alten Stellwerk? Eine Anfrage der NGZ bei der Telekom blieb unbeantwortet. In einem Brief an Ärztin Kornelia Durst hat der Anbieter mitgeteilt, dass der Anschluss am 14. Dezember kommen soll - dieser Termin könne, so teilt die Telekom aber auch mit, nicht endgültig bestätigt werden.

(NGZ)
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