Öko-Datenmaterial für zukünftige Planungen Experten verblüfft: Orchideen im Elsbachtal

Öko-Datenmaterial für zukünftige Planungen · Von Wiljo Piel

Von Wiljo Piel

Um Fauna und Flora ist es in Grevenbroich gut bestellt. Dies ist das Resümee, das Umweltschutz-Beauftragter Norbert Wolf in seiner aktuellen Biotop-Kartierung zieht. In dreijährigen Recherchen hat er die Lebensräume von Tieren und Pflanzen untersucht und ist dabei zu teilweise erstaunlichen Ergebnissen gekommen. Mittlerweile wachsen sogar wieder seltene, exotisch anmutende Orchideen im Stadtgebiet. Die Kartierung soll demnächst dem Umweltausschuss vorgestellt werden. Exoten unter den heimischen Pflanzen: Der zu den Orchideen zählende Bienenragwurz wächst im Elsbachtal. Eine Schönheit aus dem Rekultivierungsgebiet: Pyramidenorchis lieben den nährstoffarmen Boden. -->

In dem dicken Aktenordner, der noch auf dem Schreibtisch in der zweiten Rathaus-Etage liegt, steckt eine Menge Arbeit. In den vergangenen Jahren untersuchte Norbert Wolf - unterstützt von ehrenamtlichen Naturfreunden aus dem Stadtgebiet - sämtliche Grevenbroicher Biotope. Die Erft und ihre Nebenarme, Rekultivierungsflächen, Teiche, Wiesen und Wälder wurden eingehend nach ihren Bewohnern gecheckt. Der Hintergrund für diese Forschung: Eine solche Biotop-Kartierung ist hilfreich für die Stadtverwalter. Beispielsweise bei der Ansiedlung des geplanten ADAC-Fahrsicherheitszentrums im Elsbachtal.

Bevor eine solche Anlage gebaut werden kann, muss eine Umweltverträglichkeitsprüfung erstellt werden. "Diese langwierige Angelegenheit können wir mit unseren Daten erheblich verkürzen. Wir kommen so Investoren entgegen", meint Wolf. Ein zweiter Effekt der Kartierung ist der Naturschutz: "Erst wer weiß, wo welche Pflanzen- und Tierarten wachsen und leben, kann sie auch richtig vor äußeren Einflüssen bewahren." Bei den dreijährigen Recherchen stießen Wolf und seine ehrenamtlichen Mitarbeiter auf so manche Überraschung. Im Elsbachtal, dem künstlich geschaffenen Naturgebiet, fand sich eine beachtliche Orchideen-Population, die dort niemand vermutet hatte. Dort wächst und blüht nicht nur der exotisch anmutende Bienenragwurz, sondern auch der pinkfarbenen Pyramidenorchi. Beide Pflanzenarten gelten als extrem selten und stehen schon seit geraumer Zeit auf der Roten Liste des Landes Nordrhein-Westfalen.

"Die Mitarbeiter des Landesamtes für Ökologie waren von den Socken, als sie das gesehen haben", erklärt Norbert Wolf. Dass sich Bienenragwurz und Pyramidenorchi im Elsbachtal angesiedelt haben, führt er auf die nährstoffarmen Böden hin, die im Rahmen der Rekultivierung aufgeschüttet wurden. Orchideen finden sich aber auch am Orkener Türling: Dort wächst und gedeiht ein zartes Pflänzchen mit dem ulkigen Namen "Übersehenes Knabenkraut" geradezu prächtig. Und der "Klappertopf", der schon in den alten Zumbusch-Chroniken erwähnt wird, blüht wieder in Grevenbroich. Positiv hat sich auch die Fischwelt in der Erft entwickelt. Noch zum Ende der 80er Jahre sorgte die Nachricht, dass sich im Heimatfluss wegen der schlechten Wasserqualität nur noch zwei Arten - Rotauge und Barsch - natürlich vermehren, für Aufregung unter den Naturschützer. Mittlerweile kann Norbert Wolf größtenteils Entwarnung geben, denn: "Wir haben jetzt wieder 21 Fischarten, die in der Erft ihre Brut pflegen. Außerdem vermehren sich hier auch Malermuscheln und Flusskrebse."

Der Umweltschutzbeauftragte führt diese Entwicklung auf Anlagen von Rheinbraun zurück, die den Sümpfungswässern, die in die Erft geleitet werden, das Eisen entziehen. Auch viele selten gewordene Vögel haben sich wieder an der Erft angesiedelt - darunter der Eisvogel, den der Langwadener Helmut Sütsch in Heinz-Sielmann-Qualität in seiner natürlichen Umgebung auf Video gebannt hat. Auch dieser Film gehört zur Biotop-Kartierung. Mit der Entwicklung der Amphibien ist Norbert Wolf ebenfalls zufrieden. Vor allem der Grasfrosch, dessen Populationen landesweit stark rückläufig sind, vermehrt sich im Grevenbroicher Grünen ganz gegen den Trend. "Mit unserer Biotop-Kartierung helfen wir, die verschiedenen Arten in der Zukunft wirksam zu schützen", meint der städtische Umwelt-Experte.

Beim Bau von Wegen, Straßen, Bau- oder Industriegebieten sollen die Daten herangezogen werden, damit Pflanzen und Tiere höchstmöglich bewahrt werden könne, so die Vorstellung von Wolf. Obwohl die Arbeiten soweit getan worden sind - abgeschlossen ist die Kartierung damit jedoch nicht: "Die Entwicklung von Fauna und Flora macht keinen Halt - draußen tobt das Leben."

(NGZ)
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