Grevenbroich Existenzangst bei RWE-Mitarbeitern

Grevenbroich · Beschäftigte aus Kraftwerken und Tagebau werden morgen früh mit einer Mahnwache gegen die Klimaschutz-Pläne des Bundeswirtschaftsministers demonstrieren. Gegen 12 Uhr ist eine große Protest-Aktion vor dem Landtag geplant.

 Die Mitarbeiter der Kraftwerke sind in Sorge. Sie befürchten, dass die Pläne des Bundeswirtschaftsministers ihre Arbeitsplätze in Gefahr bringen.

Die Mitarbeiter der Kraftwerke sind in Sorge. Sie befürchten, dass die Pläne des Bundeswirtschaftsministers ihre Arbeitsplätze in Gefahr bringen.

Foto: Berns

Die Stimmung in den Kraftwerken ist auf dem Tiefpunkt. Die Pläne des Bundeswirtschaftsministers für einen "nationalen Klimabeitrag" lassen die Mitarbeiter in Frimmersdorf und Neurath mit großer Sorge in die Zukunft blicken. "Sollte das Vorhaben realisiert werden, würden hier zig Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen", sagt Manfred Holz, stellvertretender Vorsitzender des Gesamtbetriebsrates von RWE Power: "Das sorgt für Unruhe, die Existenzangst der Kollegen war noch nie so groß."

Kraftwerke, die älter als 20 Jahre sind und deren Kohlendioxid-Ausstoß oberhalb einer Freibetragsgrenze liegt, sollen nach den Plänen von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) zusätzliche CO2-Zertifikate abgeben. Das würde den Betrieb von Kohlemeilern unrentabel machen, befürchtet Betriebsratsvorsitzender Michael Bochinsky aus Frimmersdorf: "Sie würden drei Mal mehr belastet als das heute der Fall ist." Sollten diese Auflagen kommen, würde RWE von 2018 bis 2020 alle 300- bis 600-Megawatt-Blöcke vom Netz nehmen. In Grevenbroich bliebe lediglich die BoA II/III übrig. "Und die wird wohl nur unseren Eigenbedarf sichern", so Bochinsky.

Kraftwerksdirektor Eberhard Uhlig geht davon aus, dass der von Sigmar Gabriel geplante "Klimaschutzbeitrag" mindestens 30 000 Arbeitsplätze in der Braunkohleindustrie bedrohen werde. Und nicht nur die: "Er würde auch mehr als 70 000 Stellen bei Partnerfirmen, mittelständischen Zulieferern sowie der stromintensiven Industrie treffen. Wir rechnen damit, dass es zu einem Wertschöpfungs-Verlust von etwa acht Milliarden Euro jährlich kommen wird", so Uhlig. Im Jahr vergibt RWE Aufträge in Milliardenhöhe allein in der Region.

"Durch die Gabriel-Pläne würde eine Menge Kaufkraft verlorengehen. Davon hängt auch die Existenz von Bäckern, Metzgern, ganzen Einkaufszentren ab", betont Manfred Holz. Auf die möglichen Folgen wollen die Kraftwerker morgen früh ab 7 Uhr mit einer Mahnwache vor ihren Werkstoren aufmerksam machen. Zwei Stunden später werden sie sich mit gecharterten Busse auf den Weg nach Düsseldorf machen, um vor dem Landtag mit Kollegen aus dem Tagebau Garzweiler und dem gesamten Revier bei einer öffentlichen Betriebsversammlung auf die drohenden Probleme aufmerksam zu machen. "Wir werden nicht tatenlos zusehen, wie uns die Existenz geraubt wird", zeigt sich Holz entschlossen: "Wir werden mit allen Mitteln für die Kohle, sichere Arbeitsplätze und das Energieland NRW kämpfen."

Gegen den "Klimabeitrag" wehrt sich auch die Industrie- und Handelskammer Mittlerer Niederrhein: "Er schadet Nordrhein-Westfalen im Allgemeinen und dem Niederrhein im Besonderen", warnt Hauptgeschäftsführer Dieter Porschen. Er richtet in diesem Zusammenhang auch den Blick auf energieintensive Unternehmen wie Hydro, die auf sichere und günstige Stromversorgung angewiesen seien.

Vertreter von Kreis- und Stadt-SPD trafen sich gestern Abend, um einen "Brief an Berlin" zu formulieren, in dem sie sich deutlich gegen den Gabriel-Vorstoß positionieren wollen. "Hier liegt ein energiepolitisch unausgewogenes Konzept vor, das die subventionsfreie Braunkohle einseitig belastet", erklärte vorab Kreisfraktionschef Rainer Thiel (MdL): "Das Ziel der CO2-Reduzierung steht außer Frage. Der Weg dahin ist hingegen zu diskutieren." Kreisvorsitzender Klaus Krützen warnte vor den Auswirkungen der Pläne auf Grevenbroich, sie würden die wirtschaftliche Stabilität der Stadt in Gefahr bringen.

(NGZ)
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