Wolfgang Norf "Die Tafel kann alle versorgen"

Grevenbroich · Tafeln in anderen Städten klagen über einen kaum stemmbaren Kundenandrang. Der Geschäftsführer des Grevenbroicher Trägervereins kennt diese Sorgen nicht.

 Wolfgang Norf ist Geschäftsführer des Trägervereins "Existenzhilfe".

Wolfgang Norf ist Geschäftsführer des Trägervereins "Existenzhilfe".

Foto: ati

Herr Norf, in anderen Kommunen schlagen die Tafeln derzeit wegen des großen Andrangs von Flüchtlingen Alarm. Die Waren werden knapp, es gibt zum Teil lange Wartschlangen an der Ausgabe ... Wie ist die Situation in Grevenbroich?

Wolfgang Norf Sie ist in jedem Fall noch überschau- und kontrollierbar. Zwar sind auch zu uns in den vergangenen Monaten mehr Menschen zu den drei Ausgabestellen an der Merkatorstraße, in Jüchen und in der Südstadt gekommen - ich würde sagen, so etwa zehn Prozent. Ob das ausschließlich Asylsuchende oder Flüchtlinge sind, kann ich allerdings nicht sagen. Der Kundenanstieg lässt sich möglicherweise auch darauf zurückführen, dass unser Angebot auch unter den Grevenbroichern immer mehr Akzeptanz findet. Die Hemmungen, die Tafel zu besuchen, einfach vorbeizuschauen, legen sich.

Akzeptanz ist wahrscheinlich eine zwingende Voraussetzung, wenn man ein ehrenamtliches Projekt wie die Tafel in einer Stadt auf die Beine stellen und etablieren will ...

Norf Das stimmt. Ohne Sponsoren, Unterstützer und Förderer könnte ein dauerhafter Betrieb der Tafel gar nicht aufrecht erhalten werden, und Sponsoren, Unterstützer und Förderer kommen natürlich nur, wenn man einen guten Namen hat. Da muss ich sagen, sind wir hier in Grevenbroich wirklich in einer sehr komfortabelen Situation. Unsere Sponsoren - das sind zum Beispiel Bäckereien, Metzgereien, aber auch Vereine und große Unternehmen - kommen mittlerweile auf uns zu. Wir müssen gar nicht lange um Spenden bitten.

Hinter einem großen Erfolg steckt in der Regel auch richtig viel Arbeit ...

Norf Auch das ist richtig. Wir haben momentan rund 85 Mitarbeiter: Ehrenamtler, Ein-Euro-Jobber, Menschen im Bundesfreiwilligendienst, aber auch solche, die uns vom Gericht zugewiesen werden, damit sie ihre Sozialstunden bei uns ableisten. Wir holen an fünf Tagen in der Woche mit sechs Fahrzeugen Lebensmittel ab. In unserer Ausgabestelle an der Merkatorstraße werden die Waren dann zentral sortiert und an die Ausgabestellen in Jüchen und in der Südstadt verteilt.

Von den Problemen der Tafeln in anderen Städten und Gemeinden haben Sie gehört?

Norf Ja, wir tauschen uns regelmäßig aus. Dass es bei uns bislang nicht zu Warenengpässen und Frust unter den Kunden gekommen ist, liegt vermutlich auch daran, dass wir vorgebeugt haben. Bei der Essenausgabe haben wir ein rotierendes System nach Nummernkreisen. Das sorgt für Entspannung, niemand muss lange warten. Und bislang ist auch immer für jeden Platz und etwas zu Essen da gewesen.

Es gibt also keinen Grund zu klagen?

Norf Ganz und gar nicht. Im Gegenteil: Wir sehen die Grevenbroicher Tafel auch als Treffpunkt, als einen Ort, an dem man sich austauschen kann. Da sind neue Gäste immer willkommen. Sie bringen - wie sagt man - frischen Wind rein.

JULIA HAGENACKER FÜHRTE DAS GESPRÄCH

(NGZ)
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