Grevenbroich Die Faltkünstlerin

Grevenbroich · Christel Dehms hat ein außergewöhnliches Hobby. "Orimoto" nennt sich die Kunst, Buchseiten zu kleinen Kunstwerken zu formen.

 In der Stadtbücherei Grevenbroich zeigt Christel Dehms eine Auswahl ihrer dreidimensionalen Kunstobjekte .

In der Stadtbücherei Grevenbroich zeigt Christel Dehms eine Auswahl ihrer dreidimensionalen Kunstobjekte .

Foto: Tinter Anja

Was kann man mit Büchern anderes machen, als sie zu lesen? Christel Dehms aus Kapellen hätte da eine Idee, die 61-Jährige hat "Orimoto", die Kunst Bücher zu falten für sich entdeckt. In der Stadtbücherei Grevenbroich steht nun eine Auswahl ihrer dreidimensionalen Kunstobjekte aus. In zwei großen Vitrinen können die Kunden der Bücherei in den gefalteten Büchern Schriftzüge, Logos und Objekte entdecken.

"Jedes Buch ist ein Unikat", sagt Dehms, denn jedes habe eine andere Papierstruktur, -dicke und -bedruckung. Dadurch erhalten die einzelnen Kunstwerke ihren eigenen Charakter, manche sind heller, manche dunkler, einige sogar bunt. Wie das Endergebnis aussehen wird, sei deswegen zu Beginn der Arbeit nie absehbar, sagt Dehms. Besonders gut würden sich alte Lexika eignen, diese hätten immer eine ausreichende Seitenanzahl und einen festen Einband.

Für ein Motiv sind mindestens 350 bis 450 Seiten notwendig, erklärt die Kapellenerin. Ihr Interesse für "Orimoto" habe sich erst vor Kurzem entwickelt, als eine Freundin von einem Workshop in Frankfurt erzählte. Dehms, die sich schon lange für Papierschöpfen und Kaligrafie interessiert, machte sich daraufhin im Internet sofort über die Technik schlau. Im April fing sie dann selber mit dem Falten an, seit dem ist sie nach eigener Aussage "süchtig".

"Ich entwickel immer einen starken Ehrgeiz, die Objekte fertigzustellen", gibt Dehms zu. An einem Buch sitzt sie im Schnitt vier bis fünf Stunden, manchmal auch bis in die Nacht hinein. Die Vorlagen bezieht sie aus dem Internet und dem passenden Buch "Orimoto - Faltkunst für Bücherfreunde" von Dominik Meißner, von dem auch der Begriff "Orimoto" stammt. Obwohl Orimoto nicht, wie Origami, aus Japan, sondern aus Deutschland kommt, ist der Begriff durchaus ans Japanische angelehnt. "Ori" bedeutet "falten" und "moto" ist der Begriff für "Buch", erklärt Meißner auf seiner Internetseite. Über ihn, heißt es dort, könnten auch Motiv-Vorlagen je nach Seitenzahl des Buches angefragt werden.

 Der Begriff "Orimoto" ist ans Japanische angelehnt: "Ori" bedeutet "falten" und "moto" ist der Begriff für "Buch".

Der Begriff "Orimoto" ist ans Japanische angelehnt: "Ori" bedeutet "falten" und "moto" ist der Begriff für "Buch".

Foto: Tinter Anja

Pro Buchstabe, sagt Dehms, müssten mindestens 50 Seiten eingeplant werden. Habe man den Dreh raus, eigneten sich die gefalteten Bücher als tolle Geschenkidee, jeder Gutschein könne so zum Beispiel aufgewertet werden. "In dem Geschenk steckt dann auch eine ganz neue Wertschöpfung", findet Christel Dehms. Bei Interesse an den ausgestellten Objekten stelle die Stadtbücherei deswegen auch gerne Kontakt zu ihr her.

Obwohl sie ihre Werke noch nicht offiziell verkauft, kann sich die Kapellenerin das in Zukunft durchaus vorstellen. Auf einigen Märkten habe sie auch schon andere Anbieter gesehen, erzählt sie. Elke Wowra aus dem Fachbereich Bildung, Freizeit und Kultur der Stadt Grevenbroich würde außerdem - bei gegebenem Interesse - gerne einen Workshop mit Christel Dehms anbieten. Das Thema passe schließlich sehr schön in die Bücherei und sei "mal eine etwas andere Art, alte Bücher wiederzuverwerten", sagt Wowra. Die Idee, Dehms Werke auszustellen, habe Brigitte Liebers vom Förderverein der Stadtbücherei, gehabt, als sie auf dem Büchermarkt mit ihr ins Gespräch kam und von dem außergewöhnlichen Hobby erfuhr.

Dehms, die gelehrte Chemikerin ist, geht normalerweise sehr sorgsam mit ihrem Literaturbestand um. Oft schlage sie Informationen nach und sei dabei immer bemüht, keine Eselsohren zu hinterlassen, sagt sie. Deswegen habe sie anfangs Hemmungen gehabt, die Seiten zu knicken. "Hat man aber einmal die Hemmschwelle überwunden, möchte man mit gar nicht mehr aufhören, die Bücher zu verfalten."

(NGZ)
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