Grevenbroich Das Smartphone als Brücke in die Heimat

Grevenbroich · Viele Flüchtlinge besitzen ein Smartphone. Für sie ist es kein Luxusartikel, sondern die einzige Chance, übers Internet Kontakt zu Familien und Freunden zu halten. Dabei setzen sie auf das Freifunknetz in der Grevenbroicher Innenstadt.

 Für Flüchtlinge bietet das Freifunknetz in der Innenstadt die Chance, via Smartphone und Internet Kontakt zu ihren Familien und Freunden zu halten.

Für Flüchtlinge bietet das Freifunknetz in der Innenstadt die Chance, via Smartphone und Internet Kontakt zu ihren Familien und Freunden zu halten.

Foto: L. Berns

Von Neid-Debatten möchte Claus Ropertz gar nichts hören. Der Sozialdezernent weiß, dass mancher Bürger nicht nachvollziehen kann, wie sich Flüchtlinge Smartphones leisten können - er liest es regelmäßig in Internetforen und hat es auch schon in persönlichen Gesprächen gehört. "Dabei ist das die völlig falsche Frage", meint Ropertz. "Es sollte lieber mal jemand fragen, weshalb Smartphones für Flüchtlinge so wichtig sind." Diese seien für die Flüchtlinge schließlich keine Luxusartikel, sondern ein wichtiger Begleiter im Alltag. "Smartphones bieten oft die einzige Gelegenheit, den Kontakt zur Familie und Freunden überhaupt halten zu können", sagt Ropertz. Deshalb seien sie für viele auch eines der wichtigsten Mitbringsel aus der Heimat. "Es sind oft einfache Geräte, die sie dort günstig erworben haben."

Was die Flüchtlinge in Deutschland dringend brauchen, ist WLAN. Denn teure Roaming-Gebühren können sie sich nicht leisten. Beim Telefonieren sind sie daher vor allem auf das Internet und Angebote wie Skype oder Whatsapp angewiesen. Diese lassen sich jedoch nur mit einem Smartphone nutzen. Zwar gibt es mittlerweile relativ günstige Datentarife mit Prepaidkarte, besser aber eignen sich kostenfreie WLAN-Netze. Und deshalb ist es für die Flüchtlinge in den beiden Grevenbroicher Notunterkünften gut, dass es in der Schlossstadt nicht nur den kostenfreien WLAN-Hotspot am Marktplatz gibt, sondern auch ein immer stärker wachsendes Freifunknetz. Während der Hotspot jeden Tag für eine Stunde kostenfrei genutzt werden kann, gibt es eine solche Beschränkung beim Freifunknetz nicht. "Es kann rund um die Uhr ohne zeitliche Beschränkung genutzt werden", sagt Stadtmarketing-Chef Robert Jordan.

Ein Freifunknetz funktioniert, indem möglichst viele Freiwillige Router für den Datentransfer zur Verfügung stellen. Über Knotenpunkte wird ein Netz aufgebaut, in das sich Nutzer kostenfrei und ohne Kennwort einwählen können. Robert Jordan treibt den Ausbau des Freifunknetzes in der Schlossstadt voran und arbeitet daran, eine bessere Netzabdeckung zu erreichen. "Wir haben mittlerweile 15 Standorte in Grevenbroich. 13 befinden sich im Innenstadtbereich, zwei weitere in Wevelinghoven", sagt Jordan. "Aber wir haben zehn weitere Interessenten, die sich beteiligen möchten, auf der Liste. Das Freifunknetz wird in den kommenden Wochen weiter ausgebaut."

Die Stadt prüft zudem, ob auch die beiden Flüchtlingsnotunterkünfte mit WLAN versorgt werden können. Einen entsprechenden Antrag hat die FDP für die nächste Ratssitzung am 27. August eingereicht. "Ich halte das für durchaus sinnvoll", sagt Claus Ropertz. Er kennt die Nöte vieler Flüchtlinge, denen nicht nur der beschwerliche Weg aus der Krisenregion in den Knochen steckt. "Viele sind in Sorge, wie es ihrer Familie und ihren Freunden geht", sagt Ropertz. "Man darf dabei auch nicht vergessen, dass viele Familien auf der Flucht auseinandergerissen wurden. Dank der Smartphones und des Freifunknetzes wissen viele Flüchtlinge, wie es ihren Angehörigen ergangen ist und wo sie sich befinden."

(NGZ)
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