Goch Umjubeltes Musical der Family-Singers

Goch · Mit dem selbst getexteten und selbst komponierten Stück "Subway-All-ein" sorgte die Gruppe aus Pfalzdorf für Begeisterung beim Publikum. Thema des Musicals war - aus aktuellem Anlass - der Umgang mit Vorurteilen.

Goch: Umjubeltes Musical der Family-Singers
Foto: Evers Gottfried

Mit ihrem neuen Musical-Projekt sind die Family-Singers ein Wagnis eingegangen. Nach dem großen Erfolg der letzten Oster- und Weihnachtsmusicals waren die politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen seit 2015, die Flüchtlingsströme und die Verwerfungen der Gesellschaft, Inspiration, sich dem Thema Vorurteile auf eine musikalisch-künstlerische Weise zu nähern.

Entstanden ist dank der Zusammenarbeit der Autoren, Sänger und Darsteller, ein Musical, das aktuelle Themen anschneidet und hinterfragt, was Menschen zu Hass und blinden Vorurteilen verführt, aber auch welche Dimensionen Vorurteile haben.

 Daniel Verhülsdonk spielte den Mann aus der Provinz, den es in die Großstadt Berlin zieht.

Daniel Verhülsdonk spielte den Mann aus der Provinz, den es in die Großstadt Berlin zieht.

Foto: evers

Bestes Beispiel ist bereits die Ouvertüre, in der ein junger Mann aus der Provinz, gespielt von Daniel Verhülsdonk, sich auf eine Reise in die große Stadt Berlin vorbereitet. Die Ratschläge seiner Mutter sind geprägt von der Sorge, welche Gefahren in der Stadt lauern, welche schrecklichen Menschen dort leben (O-Ton: "Gesocks").

Der junge Mann, eingeengt von seinem Leben in einer engen dörflichen Gemeinschaft, hofft hingegen auf Freiheit und Abenteuer in der Großstadt und träumt von einer Karriere im Showbusiness. Verhülsdonk spielt den namenlosen jungen Mann mit überzeugender naiv-hoffnungsvoller Offenheit. Und diese Figur lässt sich auch von ersten Misserfolgen nicht von seinem Ziel abbringen ("mit Sack und Pack").

 Zur Premiere meldete der Veranstalter ausverkauftes Haus in der Gaesdonck.

Zur Premiere meldete der Veranstalter ausverkauftes Haus in der Gaesdonck.

Foto: Evers Gottfried

Sein Gegenüber ist die gestresste Karrierefrau in der Großstadt, gespielt von Annette Regnitter. Sie hetzt zwischen vielen anderen Fahrgästen durch die U-Bahn, immer auf der Suche nach mehr beruflichem Erfolg. Nach außen wirkt sie unnahbar und blind für die Menschen um sie herum, aber ihr Ehrgeiz erklärt sich aus einer unglücklichen Kindheit mit vielen Entbehrungen und einer Mutter, die jede Hoffnung an eine bessere Zukunft aufgegeben hatte ("ich kann, weil ich weiß, was ich muss").

Eben diese Mutter versucht verzweifelt Kontakt zu ihrer erfolgreichen Tochter aufzunehmen und wird doch immer wieder zugunsten der Arbeit zurückgewiesen und lässt ihren Frust an Schwächeren aus. Unbeachtet von den hektischen Passagieren in der U-Bahn versucht ein Obdachloser seine Zeitungen zu verkaufen, seine Bitte um etwas Beachtung und Wärme bleibt zunächst ungehört. Er trifft auf ein junges Paar aus Afghanistan, dessen Geschichte durch das wunderschön-einfühlsame "Blume von Afghanistan" erzählt wird. Untermalt von einem poetischen Pas de Deux auf der Bühne geht es darin um Vertreibung, Flucht und Angst, aber auch um die Hoffnung auf eine bessere Zukunft.

In diese Atmosphäre platzt ein Parolendrescher, gespielt von Hans-Peter Bause, der seine ganze Angst, ein gesellschaftlicher Verlierer zu sein, in Hass auf alle Fremden umsetzt. Stimmgewaltig und mit überzeugender Boshaftigkeit gelingt es Bause zu erklären, warum seine Figur so voller Hass ist, ohne ihn zu entschuldigen oder seine Aussagen zu relativieren. Hinzu kommt ein Schriftsteller auf der Suche nach der großen Story, die ihm endlich Erfolg bringen soll, der aber zunächst an seiner eigenen Voreingenommenheit scheitert.

Im Laufe des Tages kreuzen sich nun immer wieder die Wege der Figuren. Sie beeinflussen sich, stoßen an ihre Grenzen und wachsen über sich hinaus, indem sie Angst und Gleichgültigkeit überwinden.

Wunderbar ergänzt wird dabei das Gesprochene von Melodie und Text der Lieder sowie der tänzerischen Umsetzung, die die jeweiligen Charaktere und Lebenssituationen der Figuren spiegeln. Der hoffnungsfrohe junge Mann bekommt einen fröhlichen und unbeschwerten Popsong, die Karrierefrau eine kämpferische Ballade, das Paar aus Afghanistan ein Lied voller Sehnsucht, die Jugendlichen aus der Großstadt eine Rap-Nummer. Immer unterstützend dabei war der wunderbare Chor, der besonders bei den leisen Nummern schön klang.

Liebe als einzige Möglichkeit, Hass und Vorurteile zu überwinden, das ist das Fazit des Abends, dem offenbar die Zuschauer nur zustimmen konnten. Am Ende des Abends gab es minutenlange stehende Ovationen des Publikums und viele begeisterte Gesichter.

(nabr)
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