Goch Tagespflege hilft Alltag zu bewältigen

Goch · Serie Altenheime: Zuletzt besuchte die Gocher Senioren Union die Tagespflege der Diakonie an der Brückenstraße. Demenziell Erkrankte werden dort gut betreut und dabei ihre Angehörigen entlastet. Mehr Plätze in Vorbereitung.

Die Senioren Union verschaffte sich gemeinsam mit der RP einen Eindruck vom Zustand der Alteneinrichtungen.

Die Senioren Union verschaffte sich gemeinsam mit der RP einen Eindruck vom Zustand der Alteneinrichtungen.

Foto: EVERS

Der erste Eindruck war gleich sehr gut. Das wollte Wolfgang Pitz, als Betreuer und aufsuchender Seniorenberater sehr fachkundig, doch schnell mal loswerden, als er sich für die freundliche Begrüßung in der Diakonie bedankte. Zum Abschluss der Serie "Senioren Union Goch besucht die Altenheime der Stadt" machten die Christdemokraten jetzt Station bei der Tagespflege der Diakonie.

Bislang sind die Plätze, die die evangelische Einrichtung vorhält, die einzigen in diesem Bereich. Aber so soll es nicht bleiben: An der Parkstraße sollen weitere entstehen, und auch andere Träger haben signalisiert, ebenfalls Raum zur Betreuung von meist dementiell veränderten Menschen schaffen zu wollen, die zwar noch in häuslicher Umgebung leben, deren pflegende Angehörige aber auch mal auspannen müssen.

Angelica Jacobs, die Leiterin der Tagespflege, nahm sich viel Zeit, mit den Männern und Frauen der Senioren Union zu sprechen. Und sie findet gut, dass über dieses Engagement geschrieben wird: "Es sind ja nicht nur die alten Menschen auf entsprechende Hilfsangebote angewiesen, sondern ebenso deren Familienmitglieder. Deshalb ist es für die heute 40- bis 50-Jährigen ganz wichtig, sich zu informieren: Was kann ich tun, wenn Mutter oder Vater irgendwann nicht mehr alleine zurechtkommt? Wer hilft mir bei der Pflege, wo finde ich Entlastung?"

Immer weniger alte Menschen wollen in ein Heim. Die Pflegeversicherung ermöglicht es, sich ambulante Hilfe ins Haus zu holen. Zusätzlich einige Tage in der Woche unter anderen Senioren in der Tagespflege zu verbringen, tut meist allen Beteiligten gut. Seit deutlich mehr demente Menschen von den neuen Pflegegraden profitieren, ist auch mehr Geld für ihre Versorgung und Therapie vorhanden. "Wir beaufsichtigen unsere Besucher ja nicht nur, sondern bieten ihnen sinnvolle Beschäftigung", sagt Angelica Jacobs. Wobei ihr wichtig ist, die Männer und Frauen mit diversen Denkleistungsstörungen nicht zu überfordern. "Mein Team arbeitet ressourcenorientiert. Wir versuchen nicht, den alten Menschen Neues beizubringen, sondern respektieren ihre Vorlieben und Abneigungen und konfrontieren sie mit dem, was sie gewohnt sind", erklärt die Fachfrau. Ein Klassiker sei zum Beispiel "Wäsche falten". "Fast alle Frauen, die zu uns kommen, haben jahrzehntelang mindestens einen Haushalt geschmissen. Wenn es ihnen trotz ihrer Demenz gelingt, Handtücher und Tischdecken zu falten, sind sie zufrieden und stolz."

Solche "Tricks" muss man erstmal kennen, um einen alten Menschen, der sich in seiner Welt immer fremder fühlt, an den Alltag zu erinnern. Ein bisschen stricken, auch wenn der Schal nie fertig werde, alte Volkslieger singen, deren Texte präsenter sind als die Namen der eigenen Kinder: So etwas funktioniere gut. "Für Angehörige ist es natürlich wegen der emotionalen Betroffenheit viel schwieriger, zu akzeptieren, dass mehr einfach nicht mehr geht", sagt die Tagespflege-Leiterin, deren eigene Mutter erkrankt ist.

Einige Mitglieder der Senioren Union haben eigene Erfahrungen mit der Thematik, kennen den Schmerz, Mutter oder Vater sich so verändern zu sehen. Wer mehrmals in der Nacht aufstehen muss, womöglich selbst berufstätig ist und die übrige Zeit der Pflege widmet, überfordert sich selbst. Und dieser Zustand kann viele Jahre andauern.

Die 14 Plätze für Tagesgäste werden deshalb stark nachgefragt; es gibt eine lange Warteliste. Die Besucher werden morgens zuhause abgeholt und am Nachmittag zurückgebracht, haben ihre Therapien, nehmen ihre Mahlzeiten miteinander ein, machen mittags im Ruhesessel oder im Bett ein Nickerchen. Für viele Familien ist die Pflege ihrer Angehörigen erst durch die externe Unterstützung zu bewältigen. "Ich bin sehr froh, dass sich auf diesem Gebiet einiges entwickelt", sagt Pitz.

(RP)
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