Goch/Kleve Staatsanwalt fordert lange Haftstrafen

Goch/Kleve · Der vierte Verhandlungstag im Drogen-Prozess war für die Plädoyers reserviert. Während der Staatsanwalt Gefängnisstrafen zwischen drei und neun Jahren fordert, schütteln die Verteidiger nur ungläubig den Kopf.

 Derzeit stehen in Kleve fünf Männer in dem Drogen-Prozess vor Gericht, darunter auch zwei Gocher.

Derzeit stehen in Kleve fünf Männer in dem Drogen-Prozess vor Gericht, darunter auch zwei Gocher.

Foto: GOTTFRIED EVERS

Vielleicht haben sie gehofft, endlich wieder ohne Handschellen den Gerichtssaal verlassen zu können. Vielleicht haben sie insgeheim schon fest damit gerechnet. Umso größer ist die Enttäuschung bei den Angeklagten im Drogen-Prozess, als Richter Jürgen Ruby das Urteil auf morgen verschiebt. Die zwei Tage will sich das Gericht noch Zeit nehmen. Die zwei Tage muss es das sogar, um über die Plädoyers von Staatsanwalt und Verteidigern nachzudenken. Denn die Forderungen klaffen weit auseinander. "Das war gut organisiert, meine Herren", sagt der Staatsanwalt. Eigentlich ginge es ja nur um Geld, beginnt er sein Plädoyer. Alle wollten ihr Einkommen verbessern. "Das ist allzu menschlich", so der Staatsanwalt. Aber das Maß sei überschritten worden. Für den 49-jährigen Gocher und Kopf der Gruppe fordert der Vertreter der Anklage fünf Jahre und sechs Monate. Die Tat selber könne man aber nicht wegdiskutieren, sagt er. Der Verteidiger dagegen empfiehlt eine mildere Strafe, weil bandenmäßige Handlungen nicht vorlägen, sein Mandant umfangreich ausgesagt hätte und das Verhältnis zur Familie gut sei.

Beim Komplizen aus den Niederlanden verlangt der Staatsanwalt eine besonders harte Strafe: neun Jahre. "Das sind schwere Straftaten", auch wenn die Gesetzeslage in den Niederlanden eine andere sei. Außerdem habe der 44-Jährige erst im Prozess ausgesagt, als schon alles klar gewesen sei und immer wieder die Hand, die ihm gereicht worden war, abgelehnt. Dieses Strafmaß kann der Verteidiger in keiner Weise nachvollziehen. Zunächst schließt er sich seinem Vorredner an und entkräftigt den Banden-Vorwurf. Außerdem habe sein Mandant sehr wohl ausgesagt, neue Tatsachen seien ans Tageslicht gekommen. Strafmildernd sollte der Drogenkonsum seines Mandanten gewertet werden, "die Hemmschwelle ist viel niedriger als bei den anderen", sagt der Anwalt, der dem Gericht sogar nahelegt, über Haftverschonung mit Auflagen nachzudenken.

Für den 51 Jahre alten Kurier aus Uedem, der sich auch sehr spät zu den Vorwürfen äußerte, setzt der Staatsanwalt ein verhältnismäßig hohes Strafmaß an. Trotz Pause und zwei Vorrednern ringt der Verteidiger angesichts der sechs Jahre und sechs Monate um Fassung. "Ich bin schockiert über das Strafmaß", sagt er. Sein Mandant wollte nicht reich werden, "er kämpfte ums nackte Überleben", so der Verteidiger. Und er habe ja "nur" Marihuana transportiert - in Düsseldorf zum Beispiel werde gerade sogar darüber diskutiert, ob man die Droge legalisiert. Bei der Beurteilung hofft der Anwalt, dass das Gericht die familiäre Situation berücksichtigt, dass sich die Verlobte des Mandanten aus Geldsorgen bereits mehrfach das Leben nehmen wollte, inzwischen nur noch ans Bett gefesselt ist. Außerdem habe der 51-Jährige Arbeit und Wohnung in Aussicht.

Trotz des voll umfassenden Geständnisses des 46-Jährigen aus Kevelaer geht der Staatsanwalt nicht minder streng mit ihm ins Gericht. Fünf Jahre schlägt er vor, für einen Mann, "der der Ersatzkurier war, der Helfer des Helfers", sagt der Verteidiger. 1700 Euro habe der 46-Jährige bekommen für die Transporte, dafür sitze er nun schon seit zehn Monaten in Untersuchungshaft. Strafrechtlich sei der Kevelaerer nie in Erscheinung getreten, die U-Haft wiege schwer, weil der Angeklagte als Vertrauensperson für seinen schwerstbehinderten Sohn nicht da sein könnte. Mit Tränen in den Augen verfolgt der 46-Jährige die Worte seines Anwalts. "Und wenn der Haupttäter nur sechs Monate mehr bekommen soll, da kann doch etwas nicht stimmen", sagt der Jurist und fordert zwei Jahre auf Bewährung.

Zum Schluss verlangt der Staatsanwalt auch für den 29-Jährigen, der als einziger nicht in U-Haft sitzt, eine Gefängnisstraße. Sein Verteidiger machte es kurz, beschreibt seinen Mandanten als Kindskopf. Nach dem Schicksalsschlag, den der junge Kevelaerer während des Verfahrens erlitt - seine Schwester kam bei einem Unfall ums Leben - habe der 29-Jährige aber Verantwortung übernommen, kümmere sich um seinen Neffen. Eine Bewährungsstrafe mit der Auflage, eine Therapie zu machen, sei angebracht.

Das Urteil wird Richter Jürgen Ruby morgen um 12 Uhr verkünden.

(RP)
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