Goch/Weeze Pole: Neun Jahre Haft für Mordversuch

Goch/Weeze · Die Verteidigung des 35-Jährigen, der im Frühjahr in der Nähe des Weezer Flughafens versucht hatte, einem 23-jährigen Landsmann das Leben zu nehmen, hatte auf versuchten Totschlag plädiert und scheiterte. Das Motiv blieb unklar.

 Die Tat ereignete sich in den ehemaligen Wohnungen der britischen Soldaten am Europa-Ring.

Die Tat ereignete sich in den ehemaligen Wohnungen der britischen Soldaten am Europa-Ring.

Foto: SEYBERT

Jürgen Ruby, Richter am Landgericht Kleve, gab dem wegen versuchten Mordes angeklagten 35-Jährigen, der in der Nacht vom 31. März auf den 1. April einen 23-jährigen polnischen Landsmann mit vier Messerstichen lebensgefährlich verletzt hatte, am gestrigen letzten Verhandlungstag mehrmals die Gelegenheit, sich doch noch zu seinem Motiv zu äußern. Der Beschuldigte schwieg aber auch ein halbes Jahr nach der Tat eisern. "Es ist alles gesagt", waren seine letzten Worte an die vierte Strafkammer des Schwurgerichts. Danach verhängte der Richter wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung eine neunjährige Haftstrafe gegen den 35-Jährigen.

Bis zuletzt hatte die Verteidigung auf eine mildere Strafe wegen eines versuchten Totschlags plädiert. Doch die hielt das Gericht ebenso wie die Staatsanwaltschaft und der Vertreter der Nebenklage für ausgeschlossen. "Sie haben heimtückisch gehandelt", sagte Ruby und begründete dies damit, dass das Opfer bei der Tat wehrlos gewesen sei. Dies hätten die Aussagen des Opfers und eines bei der Tat ebenfalls anwesenden Zeugen deutlich gemacht.

Beide schilderten im Prozess glaubhaft, dass der mit einem Strumpf maskierte Angeklagte plötzlich und unvermittelt von hinten auf sein mit Computerspielen beschäftigtes Opfer mit einem messerähnlichen Gegenstand eingestochen habe. Da die Tat sehr schnell abgelaufen sei und sie den Angeklagten bei gedämmten Licht nicht hätten kommen sehen, hätten sie keine Chance gehabt, den Angriff abzuwenden. Das Opfer hatte dabei Glück, dass die Messerstiche lebenswichtige Organe ganz knapp verfehlten.

In der Hauptverhandlung gestand der Angeklagte, der kurz nach dem Angriff in einem Taxi geschnappt wurde, zwar die Tat, doch er ließ über seine Verteidigerin verlauten, dass die beiden ihn zuvor gesehen hätten und er, als ihm die Tat bewusst geworden war, von seinem Opfer abgelassen habe. In diesem Moment sei er sicher gewesen, dass der 23-Jährige, der als Arbeiter einer Zeitarbeitsfirma bis kurz vor der Tat mit dem Täter zusammen in einem Wohnhaus in der Nähe des Weezer Flughafens gelebt hatte, nicht an seinen Verletzungen sterben würde. "Wer nicht an die Gefährlichkeit der Stiche geglaubt hat, obwohl er die Einstiche in Rücken und Hals gesehen hat, ist eher lebensfremd", urteilte Ruby. Auf Staatsanwalt Hendrik Timmer wirkte der Einwand des 35-Jährigen so, als habe der Angeklagte damit am "Mordmerkmal der Heimtücke herumgebastelt", um im Fall einer Verurteilung wegen versuchten Totschlags eine geringere Strafe zu erhalten. Auch die Nichtnennung eines Motivs könne dafür sprechen. Denn dieses hätte möglicherweise ein weiteres Mordmerkmal offenbart, so Timmer.

Der Klever Staatsanwalt ging in seinem Plädoyer außerdem auf "die schweren physischen und psychischen Folgen" des Opfers ein. "Die wird er bis ans Lebensende mit sich herumtragen", meinte Timmer. Das nicht genannte Motiv erschwere eine Verarbeitung der Tat zudem.

(pets)
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