Goch Nicola Blind eröffnet Hausarztpraxis in Goch

Goch · Damit wagt die 50-Jährige den Schritt in die Selbstständigkeit. Obwohl der Kreis händeringend Mediziner sucht, gibt es zumindest für Goch keine Förderung. Die Not muss erst noch größer werden.

 Die Pfalzdorferin Nicola Blind hat bereits viele Jahre Erfahrung als Ärztin. Heute eröffnet sie ihre eigene Praxis im Kaufland-Gebäude.

Die Pfalzdorferin Nicola Blind hat bereits viele Jahre Erfahrung als Ärztin. Heute eröffnet sie ihre eigene Praxis im Kaufland-Gebäude.

Foto: GOTTFRIED EVERS

Lange Zeit habe sie sich darum bemüht, von einem niedergelassenen Hausarzt, der sich zur Ruhe setzen möchte, eine Praxis übernehmen zu können. Doch Nicola Blind fand diesen Kollegen nicht. Deshalb wagt die Allgemeinmedizinerin, die seit vielen Jahren in Goch lebt und in mehreren Praxen als angestellte Ärztin arbeitete, jetzt den Sprung in die Selbstständigkeit. Am heutigen 1. Oktober eröffnet Blind eine Hausarztpraxis im Kaufland-Gebäude Auf dem Wall. Auf der Etage von Medimax gab es früher schon einmal einen Arzt, später einen Wellness-Anbieter. Seit vergangenem Jahr standen die Praxisräume leer. "Ich bin darauf durch eine Anzeige aufmerksam geworden und fand die Räume bestens geeignet. Es gibt viel Platz, alles ist hell und freundlich, die Patienten können sehr gut parken; es gibt sogar Behindertenparkplätze." Seit sie ihr Praxisschild neben die Eingangstür gehängt habe - mit Verweis auf die Eröffnung am 1. Oktober - komme ständig jemand herein und wolle schon einen Termin ausmachen. Denn Ärzte sind im Kreis Kleve bekanntlich rar.

Nicola Blind ist auch Mutter, deshalb hat sie viele Jahre lang in Teilzeit oder als angestellte Ärztin gearbeitet. Aufgewachsen in Düsseldorf, wo sie auch studierte, hatte die junge Medizinerin zuerst eine Stelle in der Pfalz. Dann wurde sie Truppenärztin in Niedersachsen, sammelte viel Auslandserfahrung. Im Sanitätszentrum bereitete sie Soldaten medizinisch auf Einsätze in Krisenregionen vor. Reisemedizin ist deshalb einer ihrer Schwerpunkte - Blind hat auch die staatliche Zulassung als "Gelbfieberimpfstelle". Jetzt, wo ihre Kinder erwachsen sind, will sie noch einmal richtig durchstarten, ganztags zu den üblichen Uhrzeiten. Neben dem üblichen Hausarzt-Spektrum wird Nicola Blind Vorsorgeuntersuchungen für Kinder anbieten (es gibt in Goch nur eine echte Kinderarztpraxis).

Da sie keine Praxis übernehmen konnte, muss sie sich einen komplett neuen Patientenstamm aufbauen. Weil Hausärzte ebenso wie Fachärzte in ländlicher Region rar sind, ist sie optimistisch, dass das klappt. Zumal einige Berufskollegen schon gar keine neuen Patienten mehr annehmen. Was die Pfalzdorferin wundert: Goch gilt, obwohl mehrere Praxen aufgegeben worden seien, formal nicht als unterversorgt. In der Liste des Landarzt-Förderprogramms des Landes-Gesundheitsministeriums taucht die Kommune nicht auf. Wohl, weil das Programm für noch kleinere Kommunen gedacht ist. Kalkar und Kerken zum Beispiel gelten demnach als gefährdet, eine ausreichende hausärztliche Versorgung nicht mehr garantieren zu können, Bedburg-Hau, Rees, Straelen, Uedem und Weeze seien "auf mittlere Sicht gefährdet". Hausärzte, die sich in unterversorgten Kommunen niederlassen oder Kollegen in eine schon bestehende Praxis einstellen, werden vom Ministerium mit bis zu 50 000 Euro gefördert.

Ärzte können sich nicht in jedem Wunschgebiet niedergelassen; es gibt gesperrte Regionen, in denen eine Niederlassung nur möglich ist, wenn eine Praxis übernommen werden kann. Frei werdende Sitze werden im Ärzteblatt veröffentlicht. In offenen Planungsbereichen hingegen - meist ländliche Regionen wie der Niederrhein - muss nur die Zulassung als Vertragsarzt beantragt werden. "In Goch mit Weeze und Uedem sowie Kleve mit Kalkar, Bedburg-Hau und Kranenburg ist eine Niederlassung derzeit ohne Einschränkung möglich", erklärt Christopher Schneider von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein. Noch sieben Hausärzte könnten sich in und um Goch, noch fünf im Bereich Kleve niederlassen. Obwohl so viele Sitze frei sind, erkennt die KV jedoch noch keine Unterversorgung. Ein Versorgungsgrad von 80 Prozent im Fall Goch sei noch zu tolerieren. "Erst wenn er unter 75 Prozent sinkt, ist eine Förderung durch die KV möglich", sagt Schneider.

Landrat Wolfgang Spreen wird Nicola Blind zum Praxis-Start besuchen. Gerne käme er öfter zu solchen Gelegenheiten.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort