Goch Malerei mit einem Augenzwinkern

Goch · Das Museum Goch zeigt eine große Auswahl von Gemälden des 2013 verstorbenen Bremer Malers Norbert Schwontkowski. Die Ausstellung wandert danach nach Wilhelmshaven. Eröffnung ist morgen um 11.30 Uhr.

 Norbert Schwontkowski "Collectors Room" aus dem Jahr 2011.

Norbert Schwontkowski "Collectors Room" aus dem Jahr 2011.

Foto: Gottfried Evers

Er ist noch vor dem Abitur von der Schule abgegangen, um Schaufenstergestalter zu werden. Die Jahre im katholischen Internat St. Arnold in Rheine sind dennoch nicht spurlos an Norbert Schwontkowski vorbeigegangen. Der Junge aus Bremen mit Wurzeln in Masuren und im Ruhrgebiet wurde in einem katholischen Elternhaus groß. Und wie es in vielköpfigen Familien zu jener Zeit üblich war, wurde mindestens ein Sohn zu den Patres gegeben - im Fall Schwontkowski waren es die Steyler in Rheine. Tatsächlich soll der Mann, der heute 68 Jahre alt wäre, wenn er nicht 2013 verstorben wäre, eine Weile daran gedacht haben, Geistlicher zu werden.

Er entschied anders, studierte und wurde freischaffender Künstler. Dass ihn das katholische Internat prägte, hat der Maler später durchaus eingeräumt. Zudem verraten es seine Bilder nur allzu deutlich. Das Kreuz als Sinnbild des Christentums taucht immer wieder auf, mal ist ein (strauchelnder) Mönch zu sehen, zu seinen Füßen eine Blutlache - das Blut Christi? Zu Lebzeiten hatte der Künstler davon abgeraten, allzu viel in seine vordergründige Motivik hinein zu interpretieren. Klar, sein Leben wirkte auf ihn. Er studierte die Kunstgeschichte, reiste viel, tat sich im Missionsmuseum seiner Schule um, zitiert in manchem Bild die Erfahrungen seines nicht sehr langen, anscheinend aber intensiven Lebens. Aber diese Zitate sind seiner eigentlichen Arbeit, der gekonnten Malerei in Öl, praktisch übergestülp. Norbert Schwontkowski war ein Maler, der seiner Kunst noch ein zweites Moment dazu geben wollte. Gerne augenzwinkernd, fast immer mit einer ordentlichen Prise Humor.

Zwischen 1985 und 2013 sind die Arbeiten entstanden, die das Museum Goch nun auf zwei Etagen zeigt. "Bildräume von unendlicher Weite und Schönheit" habe der Bremer geschaffen, schreibt Gochs Museumsleiter Dr. Stephan Mann im Katalog zur Ausstellung. Die "gesamte Klaviatur der Ölmalerei" beherrsche er. Und er geht nicht eben zimperlich mit seiner Arbeit um. Wo ihm die Farbschicht noch zu schwach erscheint, malt er ohne Bedenken noch ein paarmal kräftig drüber, an anderer Stelle schabt oder kratzt er weg, was ihm zu viel dünkt. Die großzügig verarbeitete Farbe riecht bis heute. Die Größe und Intensität in jedem einzelnen der oft großformatigen Werke besitzt eine erhebliche Sogkraft. Mal ist es das Meer, dessen Wellen nicht immer im gewohnten Muster auf den Strand treffen, mal ist es ein Berg, der irgendwie eher rührend als mächtig wirkt, die Sonne ist ein schlichter runder Ball, der vermutlich nur den Zweck hat, die Farbe auf der Leinwand zu legitimieren.

Denn Licht ist eine der großen Leidenschaften Norbert Schwontkowskis. Mal lässt er es anscheinend weg, was seinen Schwarz- und Brauntönen die Chance gibt, ihre kaum wahrnehmbaren Nuancen auszuspielen, mal ergießt es sich in großer Fülle über die Leinwand. Es können die Sonne oder die Sterne sein, auch Autoscheinwerfer oder eine Leinwand, die keinen Film zeigt: Lichtquellen gibt es überall, und der Maler nutzt sie, um die Welt sichtbar zu machen. Die äußere, aber auch die innere, diejenige, die die Erfahrung seines eigenen Lebens und all dessen, was er in der Kunst und Literatur rezipiert hat, verarbeitet hat. Das Autokino, das er uns zeigt, zieht den Blick auf die noch leere Leinwand und auf die Dächer der Fahrzeuge, die vom reflektierenden Licht hell beschienen sind. Menschen warten, vertreiben sich die Zeit - was kommt, erfahren wir nicht.

Dass Kreuze nicht nur grafische Elemente sind, die sich in Fenstern und zweckfreien Ornamenten wiederfinden, ist klar. Aber auch die Achterbahn im Bild "Dem Tod ins Gesicht gelacht" (der der Ausstellung ihren Namen gab) verweist auf Religiöses. Die liegende Acht als Zeichen der Unendlichkeit ist unser Leben, das natürlich bedroht ist zum Beispiel von allzu wackligen Gerüsten und Sicherungen. Wer gerne über Absurdes schmunzelt, wird Freude an einer Arbeit haben, die drei an die Wand gelehnte Türen zeigt. Was mag man wohl sehen, wenn man durch die Spione blickt? Nichts natürlich, eine kahle Wand. Und drum herum mit Farbe gestaltete Fläche, die Kunst des Malers.

Das Angebot "Kaffeeklatsch" am Sonntagnachmittag entfällt. Der Museumsgarten ist zu aufgeweicht.

(RP)
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