Goch Hebammen - eine Frage der Bindung

Goch · Schwangere in Goch binden sich mit der Wahl der Hebamme weitgehend an ein Krankenhaus. "Rundum" arbeitet mit Kleve zusammen, der "Lebensraum" mit Emmerich. Verschiedene Schwerpunkte, aber auch vergleichbare Angebote.

Frauen, die in Goch wohnen, können seit einigen Jahren ihr Kind nicht mehr im Krankenhaus der Heimatstadt zur Welt bringen. Denn die Gynäkologie und Geburtshilfe ist bekanntlich zum Standort Kleve des Karl-Leisner-Klinikums verlegt worden. Doch schwanger werden Frauen in Goch oder Uedem immer noch, und wie früher wollen viele von ihnen gerne sowohl die Geburtsvorbereitung, als auch die Nachsorge "zuhause" organisieren. Zur Krankenhausgeburt müssen sie sich allerdings in eine Nachbarstadt begeben - die nächstgelegenen Möglichkeiten sind Kleve und Emmerich. Vor einem Jahr wechselte die Hebammenpraxis "Rundum", die auch in Kleve tätig ist, von Pfalzdorf nach Goch. Seitdem ist das Team gewachsen.

"Wir waren zunächst zehn Hebammen, zu denen auch die früheren Beleg-Hebammen des Gocher Krankenhauses zählten, und suchten weitere Leute", berichtet Christine Strodel-Werneke. Drei kamen hinzu, eine davon ist Ann-Cathrin Kleinen, die vorher beim "Lebensraum" arbeitete. Die Nähe zum Krankenhaus Kleve mit seiner angegliederten Kinderklinik sei für viele Frauen ein Grund, sich zu "Rundum" zu orientieren. Schon auf der Startseite der Internetseite ist die "Wehen-Hotline" des Antonius-Hospitals abgedruckt. Gleich neben dem Foto mit den Fachfrauen, die mit den dortigen Geburtshelfern und Kinderärzten eng zusammenarbeiten. Die Sicherheit, im Fall der Fälle sogar Experten für Frühgeburten an der Seite zu haben, ist vielen Schwangeren wichtig.

Wobei es auch Hebammenpraxen gibt, die andere Schwerpunkte setzen. Im "Lebensraum", der wie "Rundum" einen zweiten Standort in Kleve hat, ist unter anderen Marina van Holt-Kreutzenbeck zuhause. Sie und ihre Kolleginnen führen Entbindungen im Emmericher Krankenhaus durch. Das ist kleiner und "individueller", sagt Holt-Kreutzenbeck. Als Familienhebamme schaut sie besonders auf das ganze soziale Umfeld der Frau. Natürlich bestehe eine gewisse Konkurrenz unter den Praxen, aber sie finde das nicht schlimm. "Wir haben alle genug zu tun." Größere Sorgen bereitet den Gocher wie allen anderen Hebammen das Thema Berufshaftpflicht. Bekanntermaßen sind die Beiträge zu dieser Pflicht-Versicherung in den vergangenen Jahren extrem angestiegen. Etwa 6000 Euro im Jahr müssen die Freiberuflerinnen an ihre Versicherung überweisen, um im Ernstfall hohen Forderungen entsprechen zu können. Nur wenige Versicherer schließen überhaupt noch Verträge ab.

Hebammen sind sehr viel unterwegs. Sprechstunden in der Praxis gibt es nur wenige, denn die Frauen wünschen - insbesondere für die Wochen und Monate nach der geburt - Hausbesuche. Hinzu kommen Kurse, die im Fall von "Rundum" an der Klever Straße 41 stattfinden, im historischen Paul-Willert-Haus. Vom Beginn der Schwangerschaft an hat jede Frau ein Recht auf umfassende Vorsorge- und Vorbereitungsangebote. Ob Gymnastik, Geburtsvorbereitung, Yoga, Rückbildung oder Stillberatung - die Hebammen (samt Familienhebamme) bieten Kurse für alle Bereiche an. Babymassage, Säuglingspflege oder Ernährung gehören mit zum Angebot. Ursula Claessens-Kozmin betont, dass der Anspruch auf Hebammenbesuche etwa ein halbes Jahr lang besteht.

Welche Praxis (und damit welche Klinik) sich die Frauen aussuchen, liegt ganz bei ihnen. "Oft bekommen sie einen Tipp von einer Freundin, kennen eine Hebamme oder fassen gleich beim ersten Besuch in unserer Praxis großes Vertrauen zu einer Kollegin", erklärt Marie-Louise Klösters. Diese Bindung an die Hebamme bleibt dann fast immer auch bei weiteren Schwangerschaften bestehen. "Das Signal ,ich bin für Dich da' ist in unserem Beruf total wichtig und für die Frauen maßgeblich", sagt Klösters.

(RP)
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