Goch/Marienbaum Gemeinde verabschiedet Pfarrer Derix

Goch/Marienbaum · 34 Jahre lang war der gebürtige Gocher Pfarrer an Mariä Himmelfahrt in Marienbaum. Im Oktober wird er 75 Jahre alt.

Seit 34 Jahren ist Wolfgang Derix Pfarrer in Marienbaum. Im Oktober wird der Geistliche 75 Jahre alt. Bereits am nächsten Sonntag, 24. April, wird Derix in "seiner Kirche" St. Mariä Himmelfahrt feierlich verabschiedet. In einer Messe, die um 9.30 Uhr beginnt.

Nein, Beweihräucherungen jeglicher Art sind nicht sein Ding. Und schon gar nicht, wenn es um ihn selbst geht: Persönliche Unterhaltungen ja. Aber Interviews zu seiner Person gibt Derix nicht. Punkt.

Aber es gibt ja auch noch das Archiv und das offizielle Verzeichnis der Priester in den deutschen Bistümern. Da liest sich der reine Lebenslauf so: Geboren wurde Wolfgang Derix am 6. Oktober 1941 in Goch. Er besuchte die Gaesondonk, das Internat, das lange Zeit jede Menge Priester hervorgebracht hat. Zu Zeiten von Erzbischof Alfred Kardinal Bengsch wurde Derix nach seinem Studium in Münster in Berlin-Charlottenburg zum Priester geweiht. Das war am 6. Januar 1967 inmitten des eiskalten Krieges mit Mauer, Schießbefehl und Stasi-Bespitzelung. Sechs Jahre später kehrte der inzwischen 32-Jährige ins Bistum Münster zurück, war Kaplan an St. Martin in Nottuln und St. Marien in Warendorf. 1982 schließlich wurde er in Marienbaum als Pfarrer eingeführt.

Nun sagt eine solche Datensammlung allein überhaupt noch nichts über einen Menschen aus, der Seelsorge ernst nimmt und - die Verkündigung. Bis heute pflegt er stundenlang an seinen Predigten zu feilen. Predigten, die selten mehr als sieben oder acht Minuten lang und immer auf den Punkt sind.

Das schätzen die Gläubigen, auch wenn sie bisweilen zwischen den Zeilen lesen müssen. Wenn es etwas zu sagen gibt, sagt es Derix nämlich auch. Die eigentliche Lehrmeinung steht nicht in Frage, wohl aber die Erscheinung der Kirche. Autorität, so analysierte Derix im Jahr 2008 in seiner Rede zur Eröffnung des Anbaus der Marienbaumer Grundschule, gewinne man "durch den Mut zu persönlichen Entscheidungen und nicht durch Festhalten an Prinzipien".

Ein Thema, das Derix umtreibt: "Haben wir uns nicht oft begnügt mit festen Formeln und Katechismus-Sätzen, mit selbst feierndem Prunk?", fragt er in der RP-Kolumne "Zum Sonntag" im Mai 2010 und mahnt ein neues Glaubensfeuer an: "Die Kirche braucht ein neues Pfingsten. Alles, was sie äußerlich sicher in Händen zu haben glaubte, muss sie von innen her wieder neu entdecken und vor allem wahrhaftig vorleben."

Denn Sinn und Zweck einer Kirche, so Derix zwei Jahre später an gleicher Stelle, sei allein der Auftrag Christi, die Frohe Botschaft des liebenden Gottes unter die Leute zu bringen und selbstredend auch vorzuleben. "Anders wird man Menschen nie begeistern können." Aber: "Vieles in der Kirche hat keine Ausstrahlung mehr. Es zündet nicht ... Wir müssen als Kirche unser Qualitätsbewusstsein wieder schärfen." Und: "Wir müssen wieder kleine Zellen gründen und mit gescheiter Liturgie auf den Kern des Glaubens kommen."

Das predigt Papst Franziskus, und das hatte schon der später wegen seiner Deutung der Lehrgrundsätze der Kirche in Ungnade gefallene Theologe und Psychoanalytiker Eugen Drewermann gefordert. Joseph Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI., hat es ähnlich postuliert. Derix erinnert sich an eine Vorlesung des Professors vor 50 Jahren in Münster. Dessen Prognose: Die Kirche wird kleiner werden, aber geprägt von überzeugend gelebten Christen!

Ein bisweilen steiniger Weg, aber einer, der auch Erfolge zeitigt: Dass in seiner Marienbaumer Kirche die Zahl der Wallfahrer stetig ansteigt, dass hier Gottesdienste zu jeder Zeit für diese Gruppen gehalten werden, mag der Seelsorger mit großem Wohlwollen beobachten.

Wolfgang Derix wird auch nach seinem Abschied in Kirchturmnähe wohnen und noch mehr Zeit für Spaziergänge mit "Gemeindehund Wespe" haben, einem schwarzen Labrador mit rotem Halsband, den er geschenkt bekam, als er sein "25." als Pfarrer in Marienbaum beging. Und der Pfarrer i. R. wird sich unter den ergrauten Haaren lächelnd an viele Begebenheiten während seiner Amtszeit erinnern. An den Einbrecher zum Beispiel, der ihm 1996 ein Messer an die Kehle gesetzt hatte und den er überwältigen konnte. Derix schloss den Übeltäter kurzerhand im Pfarrbüro ein.

(RP)
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